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Online-ZeitungWie arm ist Europa? |
24.10.2012 |
Wie arm ist Europa?
Eine soeben veröffentlichte Studie der "Österreichischen Gesellschaft für Politikerberatung und Politikentwicklung" (ÖGPP) sorgt derzeit für einen lauten Aufschrei in der EU: Nicht weniger als 80,7 Millionen EU-Bürger sind von der Armut bedroht! Dies sind 16,4 % der Gesamtbevölkerung der Mitgliedsstaaten. Jeder Sechste ist somit armutsgefährdet! Und dabei müssen wir noch gar nicht in die Armenhäuser Lettland und Rumänien schauen, denn Armut beginnt vor der eigenen Haustür. Alleine in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nicht weniger als 12,6 Millionen Menschen (15,6 %) armutsgefährdet. Dies entspricht einem Anstieg von 5,6 % in den Jahren von 2000 bis 2010. Im Vergleich dazu: In Italien sind 11 Millionen, in Grossbritannien 10,5 Millionen betroffen. Am untersten Ende der Skala Lettland mit 21,3, in Tschechien hingegen nur 9 % der Bevölkerung. Die Schere zwischen arm und reich klafft zudem immer weiter auseinander. Das Bundesamt für Statistik berechnet anhand des mittleren Einkommens der Bevölkerung die Armutsschwelle (relative Armut): Als "arm" wird somit jeder bezeichnet, der weniger als 60 % des Medianeinkommens (Durchschnitt) sein eigen nennt (inklusive staatlicher Transferleistungen). Die eine Hälfte der Bevölkerung liegt darüber, die andere darunter. Zu den Armutsgefährdeten zählen häufig kinderreiche Familien, Alleinerziehende und Singles. Dies zeigt das Sozioökonomische Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auf. Damit ist aber auch nachgewiesen, dass sehr viele trotz eines Jobs abrutschungsgefährdet sind, da sie weniger verdienen, als sie zum Leben benötigen. In Zahlen ausgedrückt: Beläuft sich das Einkommen eines Menschen auf weniger als 1.031 € im Monat, |
so gilt er in Deutschland als armutsgefährdet (Armutsgefährdungsschwelle). Im Vergleich dazu: Die BMS (Mindestsicherung) beläuft sich auf 773,- € pro Person im Monat! Umgelegt auf den Haushalt: Ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren mit einem Einkommen von weniger als 2.165,- € im Monat gilt als arm. Dies ergibt bei den Haushaltswerten eine Quote von unglaublichen 12,1 % bzw. 1,004 Millionen Menschen. Die untersten Einkommensschichten besitzen heute sogar weniger Kaufkraft als noch vor 20 Jahren - ihre Einkommen sind also somit gegenüber der Mittelschicht geschrumpft. Hier schlagen nun Sozialexperten Alarm: Es muss vermehrt gegen die Armut angekämpft werden, denn Vollbeschäftigung stellt keine Lösung dar. Mit mir ihr steigt nämlich auch die Zahl der atypischen Beschäftigungen (Teilzeit- oder Minijobs) oder des Niedriglohnbereiches an - sehr zum Nachteil der Normalarbeitsverhältnisse. Schliesslich kosten fünf geringfügig Beschäftigte den Arbeitgeber meist weniger als ein zu 100 % Vollzeit-Angestellter. Doch welcher Arbeitnehmer kommt mit einer geringfügigen Stelle aus? Parallel hierzu sollte das steuerfreie Existenzminimum angehoben, sowie das Kindergeld erhöht werden. Derzeit etwa ist die Armutsgefahr in Island bzw. in Irland geringer als in deutschen Landen - und dies obwohl beide Staaten heftigst von der Finanz- und Wirtschaftskrise durchgebeutelt wurden. Noch deutlichere Worte spricht die Verteilung der Einkommen. Im Jahre 2008 beispielsweise war das Einkommen der Reichsten zwischen Oder und Rhein nicht weniger als 4,5 mal höher als das der Armen. Unglaublich die Zahlen bei den Vermögenswerten: Die obersten zehn Prozent besitzen 49 % des deutschen Gesamtvermögens, die unteren zehn Prozent nurmehr ein Prozent desselben (Deutscher Armutsbericht 2012). |
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