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Online-ZeitungDroht nun der Bruderkrieg? |
10.10.2012 |
Einst waren sie Freunde mit Handschlagqualität - jetzt stehen sie sich bis auf die Zähne bewaffnet gegenüber: Der soeben wiedergewählte türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und sein syrischer Amtskollege Baschar al-Assad. Die Türkei kündigte dem südöstlichen Nachbarn die Freundschaft auf, als das Regime in Damaskus immer brutaler gegen die Opposition vorging und eine Massenflucht der Syrer in die Türkei einsetzte - bislang wurden mehr als 93.000 Flüchtlinge aufgenommen, täglich kommen weitere hinzu. Die syrische Armee schoss zudem einen türkischen Kampfbomber bei einem Überschallflug über dem Mittelmeer ab. Schon zu diesem Zeitpunkt befürchteten Experten das Einschreiten der NATO. Nachdem Russland und auch China im Weltsicherheitsrat eine gemeinsame Resolution gegen das Regime in Damaskus verhindert hatten, wären die Folgen einer solchen militärischen Auseinandersetzung wohl nicht vorhersehbar. Daneben stiege wohl auch im Bündnis selbst der Widerstand: Der humanitäre Gedanke ist zwar recht löblich - doch was geschieht, wenn deutsche oder vielleicht kanadische Soldaten im Kampf fallen würden? Beide Staaten haben nicht wirklich Interessen von hohem nationalem Wert in Syrien.
Nun jedoch hat das Assad-Regime einen Weg beschritten, der komplett unverständlich ist. Immer wieder schlagen syrische Granaten auf türkischem Boden ein. Zeigte sich Damaskus nach dem ersten dieser Zwischenfälle noch überrascht - man werde prüfen, von wem die Granate stammt und wie dies geschehen konnte - so herrscht derzeit großes Schweigen. Fakt ist, dass die Kämpfe im Grenzgebiet (etwa rund um die Kleinstadt Dschisr al Schogur) immer härter werden. Doch wären die Mörser-Granaten sehr weit über ihr Ziel hinausgeschossen, wenn es sich tatsächlich um ein Versehen handelt. So starben beim ersten solchen Zwischenfall eine türkische Mutter und ihre vier Kinder. Russland gab an, dass es sich dabei (zumindest nach Meldungen aus Syrien) um einen tragischen Unfall gehandelt habe. Beim darauffolgenden Beschuss syrischer Stellungen durch die Türkei kamen auf syrischer Seite nach Angaben des TV-Senders al Dschasira 34 Personen ums Leben bzw. wurden schwer verletzt, die syrische Opposition sprach von einstelligen Verlusten. In den Tagen danach schlugen immer wieder Granaten in der Türkei ein. "Wir wollen keinen Krieg, aber wir sind nicht weit davon entfernt", meinte am Wochenende der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan bei einer Kundgebung in Istanbul. Die NATO hat inzwischen ebenfalls ihren Beistand zugesagt. "Natürlich kann die Türkei auf die Solidarität des Bündnisses vertrauen!", so der Generalsekretär des Nordatlantik-Paktes, Anders Fogh Rasmussen, am Rande des Treffens der Bündnis-Verteidigungsminister vergangenen Dienstag in Brüssel. Doch sollten zuvor alle diplomatischen Mittel ausgenutzt werden: "Wir hoffen, dass alle Seiten Zurückhaltung zeigen und eine Eskalation der Krise vermeiden." Dem schloss sich auch der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) an. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon fordert eine sofortige Waffenruhe und die Einstellung der Waffenlieferungen durch andere Staaten.
Droht nun der Bruderkrieg?
Unvermögen der syrischen Artillerie
oder gezielte Provokation?
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