Revolution statt Hochzeitsreise | 10.02.2012 |
Jedes Jahr suchen rund 77.000 Bundesbürger Erholung auf den paradiesischen Inseln, diese Woche befanden sich dort etwa 5.000 deutsche Urlauber. Sie waren bislang - zumindest nach Auskunft des Auswärtigen Amtes in Berlin - nicht von den Unruhen betroffen, die sich auf die Hauptstadt Male bzw. der von Einheimischen bewohnten Inseln konzentrierten. Auch die Flughafeninsel Hulule sei verschont geblieben. Deshalb wurde auch noch keine Reisewarnung ausgesprochen. Jedoch solle man sich vor Buchung oder Reiseantritt genau beim Veranstalter informieren und die Hauptstadt Male meiden. Auch das Tourismusministerium des Landes versucht zu beruhigen: "Wir können versichern, dass die derzeitigen Probleme auf den Malediven keinerlei Auswirkung auf Touristen haben werden!", so Sprecherin Eelaaf Taeem. Die Malediven sind vor allem bei Schnorchlern und Tauchern beliebt, da das Meer reich an Korallen und unterschiedlichen Fischarten ist. Aber auch bei frisch vermählten Paaren ist die Destination heiß begehrt (Tom Curise und Katie Holmes, Russell Brand und Katy Perry,...). Der nach Erholung Heischende landet auf einer künstlich aufgeschütteten Landebahn und wird mittels Motorboot oder Wasserflugzeug auf die Resorts gebracht. Bei den Reiseveranstaltern wird betont, dass jede Insel völlig autark sei und die Urlauber von diesen Unruhen gar nichts mitbekommen. Das wäre auch fatal für die Wirtschaft des Landes. Schließlich ist der Fremdenverkehr als größter Wirtschaftsfaktor für rund ein Drittel der Gesamtleistung des Landes verantwortlich. Macht in Zahlen ca. 1,2 Milliarden Euro. Auf Platz zwei rangiert die Fischerei. Die Unruhen begannen zu Silvester. In mehr als 100 Hotels wurden die Spa-Bereiche (die Wellnesszonen) mit dem Hinweis geschlossen, dass diese eigentlich getarnte Bordelle seien. Die Schließungen wurden wenig später nach heftigen Protesten der Opposition (darunter selbst sehr viele Hotelbesitzer) wieder aufgehoben. Daraufhin rebellierte der führende Oppositionspolitiker Mohamed Dschamil Ahmed. Er hatte der Regierung vorgeworfen, dass sie sich gegen den Islam (der Staatsreligion des Landes) stelle. Am 12. Januar wurde er inhaftiert. Der Vorsitzende des Strafgerichtshofes, Abdul Mohamed, allerdings ließ diesen wieder auf freien Fuße setzen. Die Begründung: Ungerechtfertigte Festnahme. Dadurch wurde er wegen Fehlverhaltens ebenfalls ins Gefängnis verfrachtet. Bei den anschließenden Demonstrationen schlugen sich immer mehr Polizisten auf die Seite der Protestierenden, die sich zuhauf aus den Anhängern des früheren Präsidenten Maumoon Abdul Gayoom und seiner Fortschritts-Partei PPM zusammensetzten. |
Der 44-jährige vormals politische Gefangene Nasheed wurde im November 2008 als erster Präsident demokratisch gewählt. Zuvor regierte Gayoom den Inselstaat über 30 Jahre hinweg autokratisch. Aus dieser Richtung ist auch zu vernehmen, dass der westlich geprägte Waheed das Vertrauen der Opposition genieße und die Unruhen somit als beendet erklärt werden. In Berlin wird die Lage sehr kritisch beobachtet. Schließlich habe Nasheed sehr viel für das Land erreicht. Nun wird die Rückkehr zu einer "Ein-Parteien-Herrschaft" (Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt) vielleicht sogar mit starker islamischer Prägung befürchtet. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes auf. Waheed hat seinem Vorgänger Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen zugesagt. Jedoch wurde zuletzt Haftbefehl gegen ihn erlassen, da er Waheed nach wie vor des Umsturzes beschuldigt. In dessen Appell an die Bevölkerung heißt es: "Ich rufe jeden dazu auf, das Land friedlicher zu machen!" Im November 2013 sollen die nächsten Präsidentenwahlen stattfinden. Bis dahin führt die Regierung der nationalen Einheit die Geschicke des Landes. Die Vereinigten Staaten haben den neuen Präsidenten inzwischen anerkannt. Bleibt zuletzt die Frage, wie sich künftig der Bikini am Strand mit den Vorstellungen des Islam verstehen wird! Werden islamische Destinationen künftig uninteressant für sonnenhungrige Bade-Urlauber? (Autor: Ulrich Stock) |
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