Am Mittwoch nahm das Schicksal seinen Lauf. Ein schwarzes Wolkenmonster zog über den Südosten der USA hinweg. Am meisten betroffen waren die Bundesstaaten Alabama, Tennessee und Mississippi. Tornados mit Windgeschwindigkeiten von rund 300 Stundenkilometern hinterliessen eine Spur der Verwüstung. Häuser wurden weggeweht, als ob sie aus Streichhölzern gebaut wurden, Autos flogen durch die Luft - mitgerissen wurde einfach alles, was sich den Windhosen in den Weg stellte. Alleine in Alabama kamen nach Angaben der Rettungskräfte über 230 Menschen um's Leben. Der angerichtete Schaden geht in die Milliarden. Am Freitag verschaffte sich US-Präsident Barrack Obama gemeinsam mit seiner Frau Michelle einen Eindruck von der Katastrophe. Ihm fehlten die Worte. Einem Fernsehteam gegenüber meinte Obama in der Stadt Tuscaloosa: "ich habe noch nie eine derartige Verwüstung gesehen. Es sind herzzerreissende Verluste,...!" Den Opfern in Alabama versprach er rasche, finanzielle Hilfe durch Bundesmittel. Der Gouverneur von Alabama, Robert Bentley, spricht von mehr als 10.000 obdachlosen Menschen und 1.700 Verletzten. Die Tornados waren Teil einer riesigen Unwetterzone, die sich von Texas bis nach New York erstreckte. Einwohner in sieben US-Bundesstaaten wurden durch sie in den Tod gerissen. Experten sprechen von den tödlichsten Wirbelstürmen seit 1925, als nicht weniger als 747 Menschen starben. Ein einziger 352 Kilometer langer Wirbelsturm kostete 695 Menschen das Leben. Helfer, die dieser Tage vorort waren, sprechen von unsagbarem Leid und beschreiben die Szenerie wie nach einem Bombeneinschlag. Die Nationalgarde hat 2.000 Mann für die Suche nach Opfern und ersten Aufräumungs- bzw. Instandsetzungsmassnahmen geschickt. Daneben müssen die Soldaten auch gegen Plünderer vorgehen. In den sechs betroffenen US-Bundesstaaten waren nahezu 1 Million Menschen ohne Strom. Nahe der Stadt Athens schalteten sich auch die drei Reaktoren eines Atomkraftwerkes automatisch ab. Die Brennstäbe wurden gekühlt. Tuscaloosa wurde am heftigsten getroffen. Hier erreichte das Ungetüm eine Breite von 1,5 Kilometer. Alles, was sich diesem Monstrum in den Weg stellte, wurde weggerissen und in seinen Einzelteilen wieder ausgespuckt. Und - noch ist dies alles nicht überstanden. So wurde vor einer erneuten Unwetter-Front gewarnt, die nochmals Tornados, aber auch Gewitter und Schlagwetter mit sich führen sollte. Die Unwetterwarnung beinhaltete auch Überschwemmungen und Hochwasser an den Flüssen Mississippi und Ohio. In Alabama, Mississippi und Georgia wurde der Notstand ausgerufen. Ein Tornado entsteht ähnlich wie bei uns, wenn Kalt- auf Warmluft trifft. Gewitterböen mit einer Steiggeschwindigkeit von bis zu 40 Meter pro Sekunde verursachen dabei einen abwärts gerichteten Wirbel. Er befördert die warme Luft vom Boden in kreisförmigen Bewegungen nach oben, dort wird sie als Kaltluft nach aussen abgegeben. Solche Windhosen können Spitzen von 500 Stundenkilometern sowie einen Durchmesser von bis zu 400 m erreichen. Aus praktisch jeder stärkeren Gewitterzelle kann ein solcher schlauchförmiger Wirbel entstehen, wodurch eine Vorhersage schwer anzustellen ist. Diese speziellen Windsäulen treten bevorzugt im April im Südosten der USA auf. Heuer wurden alleine in den letzten Tagen in Alabama nicht weniger als 150 gezählt. Die meisten gab es bislang mit 267 im April 1974. Doch auch der mittlere Westen mit den Bundesstaaten Texas, Oklahoma, Kansas und Nebraska bietet die besten Voraussetzungen für Tornados. In der sog. "Tornado Alley" (westlich durch die Rocky Mountains, östlich durch die Appalachen begrenzt) trifft warme Luft aus Kanada auf die kühle und feuchte Luft vom Golf von Mexiko. Auch hierzulande werden immer wieder solche Wetterphänomene in stark abgeschwächter Form beobachtet. Meist werden sie allerdings mit sog. "Downbursts" verwechselt. Hierbei erreichen Gewitterfallböen eine Geschwindigkeit von mehr als 100 Stundenkilometern. Es fehlt allerdings das Markenzeichen des Tornados: Die wirbelförmige Windhose, die walzenmässig alles zerstört. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Kondulenzschreiben an den US-amerikanischen Präsidenten ihr Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer ausgedrückt. Ulrich Stock
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TAM-Wochenblatt Ausgabe 16 KW 18 | 04.05.2011 |
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