Es begann eigentlich ganz klein: Mit der Ausstand der Bus- und Bahn-Fahrer im öffentlichen Personennahverkehr in Baden Württemberg. Inzwischen hat sich der Arbeitskampf auf halb Deutschland ausgeweitet. Leidtragende davon sind einmal mehr die Pendler. Nachdem allerdings nun auch Teile des Bodenpersonals bei so manchem Flughafen die Schotts dicht gemacht hat und sowohl Lufthansa als auch Air Berlin Flüge streichen mussten, werden die Streiks nun von regionalen zu nationalen Arbeitsniederlegungen - mit internationalen Auswirkungen. Am grössten kontinentalen Luftdrehkreuz, am Rhein-Main-Flughafen Frankfurt am Main etwa sollte am Dienstag vom Vormittag bis zu Mittag keine einzige Maschine mehr in die Wolken abheben. Nur ganz wenigen gelang das Kunststück. Ein Notdienst versorgte landende Maschinen - die Passagiere mussten jedoch lange auf ihr Gepäck warten. Die Erklärung liegt nahe: An der Betreibergesellschaft des Flughafens Fraport sind sowohl das Land Hessen als auch die Stadtwerke Frankfurt beteiligt. Heute beginnt in Potsdam die nächste Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Der Ausgang: Derzeit noch offen! Deshalb wollte die Gewerkschaft Ver.di im Vorfeld ein kräftiges Lebenszeichen abgeben: "...um die Verhandlungen zu beschleunigen!" Im Bundesinnenministerium zeigt man sich gesprächs- und einigungsbereit. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrichs erhofft sich dies auch von der Gewerkschaft. Nicht wirklich optimistisch allerdings klingt der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Manfred Hoffmann, gegenüber der Zeitung "Die Zeit": "Wir werden kein weiteres Angebot vorlegen, sondern wir wollen am 28./29. März zu einem Ergebnis kommen!" Ver.di hatte zuletzt das Arbeitgeberangebot von 3,3 % auf zwei Jahre (verbunden mit einer Einmalzahlung) abgelehnt und auf 6,5 % mehr Lohn, mindestens jedoch um 200 € mehr für die rund 2 Millionen Beschäftigten bestanden. Daneben sollen die Azubis übernommen werden. Die Städte betonen immer wieder, dass kein Geld für solche Forderungen vorhanden sei. Ihre Opponenten sind der Ansicht, dass bestehende Möglichkeiten (etwa bei der Erbschaftssteuer) nicht bzw. zu wenig genutzt würden. |
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Eine nur 3,3 prozentige Erhöhung für zwei Jahre bedeute einen Reallohnverzicht. Eine Einigung wird für Ende der Woche erwartet - oder eben auch nicht! In den grossen Städten Baden Württembergs kam immer wieder der Verkehr zum Erliegen. Ab Montag stellten nach und nach auch andere Bundesländer Streikposten auf - zu Beginn der Woche waren es über 100.000 Menschen, wovon sich die meisten auch an den Kundgebungen beteiligten. Neben dem öffentlichen Personennahverkehr und den Flugplätzen etwa in Kindergärten, Kitas, Kranken- und Schauspielhäusern sowie der Bundesbank und Sparkassen. In Berlin war auch die Verwaltung des Bundestags und des Kanzleramtes betroffen. Ab Dienstag solidarisierten sich nach und nach die städtischen Verwaltungen und die Müllabfuhr. Somit kann also durchaus von einem Dolchstoss der Gewerkschaft gesprochen werden. Hunderttausende Pendler mussten auf das Auto umsteigen oder sich zur Kinderbetreuung einen Tag Urlaub nehmen. Viele Betroffene bringen noch Verständnis für die Streikenden auf. Allerdings sinkt dieses Verständnis mit jedem weiteren Tag der Arbeitsniederlegungen. Eine Ausweitung der Streikmassnahmen aber könnte durchaus der Fall sein. Zumindest rechnet man bei Ver.di schon mit dem Schlimmsten - ein Termin für die Urabstimmung bestehe bereits, so Ver.di-Chef Frank Bsirske. Besonders kritisch könnte es werden, wenn sich die Metallarbeiter hinzugesellen. Auch die IG Metall kämpft derzeit um mehr Lohn. Damit könnten die Interessensvertretungen in den beiden grössten Branchen Deutschland tatsächlich auf die Knie zwingen - auch ohne Generalstreik! (Ulrich Stock) |
TAM-News |
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Online-ZeitungVer.di ruft und alle kommen |
28.03.2012 |
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