Die Heiligen Drei Könige kamen einst - von einem Stern geleitet - um dem Christuskind zu huldigen. Als Geschenke dabei hatten sie Gold, Myrrhe und Weihrauch! Beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart wurde nur um ein Geschenk gebeten: Wählerstimmen! Denn die laufen der FDP derzeit zuhauf davon. Nach dem zuletzt veröffentlichten ARD-DeutschlandTrend von Infratest dimap würden nurmehr zwei Prozent das gelbe Kästchen auf dem Wahlzettel ankreuzen.Vor einem Monat waren es noch drei Prozent. Dies ist der niedrigste Wert, den die Partei in ihrer bisherigen Geschichte hinnehmen musste. Im Vergleich dazu würde die Piratenpartei auf 6 % und damit auch in den Bundestag kommen; die Damen und Herren rund um Parteichef Rösler hingegen wären vorerst Geschichte im Hohen Haus. Der Grund für diese Missstimmung ist rasch gefunden: 83 % der Befragten gaben in dieser Umfrage an, dass die Partei "seit vielen Jahren vieles verspricht, was sie nicht gehalten hat!" Dies beginnt bei der Arbeit der FDP-Minister, geht über die versprochenen Steuersenkungen bis hin zum Standpunkt in der Eurokrise. Es ist somit zappenduster geworden beim gelben Regierungspartner. Mit diesem Feuer am Dach versuchten Philipp Rösler, Rainer Brüderle und Patrick Döring der sich am Boden windenden Partei beim Treffen im Stuttgarter Staatstheater wieder Halt zu geben. Eine Gehhilfe sozusagen, die die Beine in Schwung bringen soll. Denn die erwartete Wende nach der Meuterei gegen Guido Westerwelle ist ausgeblieben. Einer hat dies bereits klar aufgezeigt: Der ehemalige Generalsekretär Christian Lindner hatte im Dezember das Handtuch geworfen. Hierfür erntet er von der Partei-Vizechefin Birgit Homburger herbe Kritik: "Weglaufen, wenn's schwierig wurde, das gab's nicht!" Lindners Nachfolger Patrick Döring versucht die derzeitige Situation auf den Punkt zu bringen: "Wir erleben immer wieder, dass Vertreter der Union sich von Positionen verabschieden, die wir vor gar nicht langer Zeit noch für unverrückbar gehalten haben!" - so etwa bei den Mindestlöhnen, der Frauenquote oder der Preisentwicklung auf dem Energie-Sektor. Die Gesellschaft erwarte nun, dass sich die Partei zusammenraufe. Kein leichter Job, den der Mann aus Hannover da übernommen hat. Das meinen auch sehr viele Parteimitglieder und fragen sich, ob er denn für diese Schlüsselposition tatsächlich geeignet ist!Döring selbst fordert: "Jetzt geschlossen durchstarten!" Doch fordert dies "die Mitte" schon seit der Revolte gegen Westerwelle, der bei den letzten Bundestagswahlen noch 14,6 % nach Hause brachte. Ein Ergebnis, von dem heute nurmehr geträumt werden kann. Somit liegt wohl alles am Steuermann. Und hier heißt es für Philipp Rösler: Sein oder nicht sein! Seine Rede eröffnet er in Stuttgart mit der Behauptung, dass es Deutschland dennoch besser gehe als unter Rot-Grün! Danach allerdings gleicht sein Vortrag einer Lesestunde aus dem Parteiprogramm: |
Gegen Steuerhöhungen, für Mindestlöhne, Wohlstand weltweit! Facharbeitermangel als Wachstumsbremse, deshalb Ja zum Zuzug ausländischer Fachkräfte. Rente mit 67! Von der Entlastung des Mittelstandes (wie es Westerwelle jahrelang forderte), ist offenbar nichts mehr übrig geblieben. Rösler zieht sich in seine Kernkompetenzen zurück: Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand! Doch: Wo bleibt da jener Funke, der die Massen aufrütteln soll, der die darniederliegende FDP aufrichten und erneut zu einem verantwortungsvollen Regierungspartner machen soll. Wo bleibt das "Yes we can!"??? Symptomatisch für den Tiefgang der Partei ist dann auch die Meldung des Zerbröckelns der Regierungskoalition im Saarland. Nach zwei Jahren heißt es damit: Jamaika ade! Die Neuigkeit kommt zeitlich perfekt geplant mitten während der Rede des Vorsitzenden. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) begründet dies damit, dass die parteiinternen Zerwürfnisse in der saarländischen FDP nicht mehr länger mit der Verantwortung für die Zukunft des Landes vereinbar seien. Nach dem Wechsel von Fraktionschef Christian Schmitt zur CDU gab es lautstarke Streitereien um die Posten in der Landespartei. Jetzt steht wohl eine große Koalition ins Haus! Ein Dolchstoß mitten ins Herz der Liberalen! Philipp Rösler ist angezählt. Immer lauter werden die Rufe nach Rainer Brüderle, dem Fraktionschef im Bundestag. Von ihm wird erwartet, dass er einen klaren Kurs wieder in die hoffnungslos zerstrittene FDP bringen könnte. Die "Boygroup" habe ihre Chance gehabt und diese nicht genutzt (der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum gegenüber des Bayerischen Rundfunks). Brüderle fordert ein "zurück zu den Prinzipien". Die Liberalen dürften nicht "schwanken wie die Schilfrohre", vielmehr müsse das Richtige getan werden. Seine Rede vor der baden-württembergischen Landespartei nur kurz vor diesem Treffen sorgte mit solch rhetorischen Stilblüten wie: "Wir sind Anwalt der Mitte, die sich täglich den Hintern aufreißt!" für Stimmung und Euphorie. Personaldebatte aber wird es in der Partei keine geben: "Philipp Rösler macht seine Arbeit sehr gut. Und ich unterstütze ihn dabei aus voller Kraft!" (Brüderle gegenüber den Ruhr Nachrichten). Seit nunmehr 140 Jahren treffen sich die Liberalen am Dreikönigstag in Stuttgart. Hier wollen sie sich auf die liberale Gesinnung besinnen und Selbstbewusstsein demonstrieren! Beides war in den letzten beiden Jahren nicht mehr zu erkennen. Das demonstrierte auch die Ortsgruppe der Jungen Liberalen, die das motorisierte Lieferdreirad eines Pizzaservices ausgeliehen hatte und auf Transparenten forderte: "Genug gebacken, endlich liefern!" Ob das Treffen 2012 dies allerdings angekurbelt hat, bleibt abzuwarten, jedoch sprechen die Zeichen nicht wirklich dafür. Vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, dem Beispiel SPD zu folgen und Hans-Dietrich Genscher zu Wort kommen zu lassen. Ulrich Stock |
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Online-ZeitungGanz dahinten, wo der Leuchtturm steht |
11.01.2012 |
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