Es war kalt am Sonntag in Hamburg - dick einpacken war für all jene angesagt, die zur Wahlurne geschritten sind. Hamburg hat das Stadtparlament gewählt und damit den Beginn für einen Wahlmarathon 2011 gemacht, wie ihn Deutschland schon lange nicht mehr gesehen hat. In nicht weniger als 9 Bundesländern finden heuer Wahlen auf Landes-, Kreis- oder kommunaler Ebene statt. Und nach diesem 20. Februar zittert das politische Deutschland vor den weiteren Entscheidungen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 57 %. Grosser Sieger in der Gunst der Wählerschaft der Hansestadt sind die Sozialdemokraten. Die Damen und Herren rund um Spitzenkandidat Olaf Scholz erhielten nicht weniger als 48,3 % der Stimmen und ziehen mit absoluter Mandats-Mehrheit in das über 100-jährige Rathaus ein, das einerseits die Bürgerschaft, andererseits auch den Senat als Landesvertretung beherbergt. Die Union mit Bürgermeister Christoph Ahlhaus halbierte förmlich ihren bisherigen Stimmenanteil und sank auf nurmehr 21,9 % ab, die GAL erreichte 11,2 %, Die Linke 6,4 % und die FDP zog mit 6,6 % ebenfalls in das Stadtparlament ein, alle anderen Parteien blieben unter der 5 Prozent-Marke. Die Wahl wurde notwendig, da die GAL überraschend am 29. November des Vorjahres den Ausstieg aus der Koalition verkündete. Die Meinungen über die schwarz-grüne Regierung gehen weit auseinander. So habe schwarz-grün sehr viel auf Schiene gebracht - etwa die Umwelthauptstadt, die ökologische Entwicklung der Hafencity und die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstrasse, weiss Altbürgermeister Ole von Beust (CDU) in einer Talkrunde während des Wahlkampfes. Der Bruch damals sei wohl eher auf die "politische Grosswetterlage" im vergangenen Herbst zurückzuführen gewesen. Die Opposition hingegen spricht von Stillstand. So beispielsweise bei der Schulreform! Hier habe Walter Scheuerl auf Seiten der CDU nur blockiert. Auch übrigens zum Missfallen eigener Parteikollegen. Die Grün-Alternative Liste hatte bereits vor den Wahlen davor gewarnt, die SPD zu stark werden zu lassen. So würden in einer SPD-Absoluten zukunftsweisende Themen für die Stadt durch die Sozialdemokraten ignoriert. Spitzenkandidatin Anja Hajduk schielt auch weiterhin auf einen Stellvertreter-Sessel im Rathaus. Ob es nun nach diesem klaren Sieg der SPD zu Koalitionsverhandlungen kommt, wird wohl parteiintern zu beraten sein - ist aber höchstwahrscheinlich nicht anzunehmen. Hierbei kommt Olaf Scholz, der von Ex-Bürgermeister Christoph Ahlhaus mit dem Korken in einer "Flasche lauwarmem Sekt" verglichen wurde, ein schwergewichtiges Wörtchen zu. Er hatte bereits im Vorfeld kundgetan, dass er Verwaltungsfachleute von aussen in sein Kabinett einbinden werde. Fixe Posten haben bereits Frank Horch als neuer Wirtschaftssenator, Fraktionschef Michael Neumann als Innensenator und Peter Tschentscher im Finanzressort. Ihnen obliegt es nun, die Wahlversprechungen Scholzs nach einer Begrenzung des Ausgabenwachstums und einer Schuldenreduktion der Hansestadt umzusetzen. Hamburg ist ab sofort rot - ganz zum Argwohn der schwarzen Bundeskanzlerin! Sie wird zwar nicht müde darauf hinzuweisen, dass die Hamburger Wahl keinerlei Strahlkraft für das restliche Bundesgebiet aufweise, da es um hausgemachte Probleme im Stadtstaat gehe. Trotzdem hält der Trend auch weiterhin an, wonach die Union nur Einbussen hat hinnehmen müssen, seitdem Angela Merkel in die Kanzlervilla am Spreebogen eingezogen ist!
Hier nun die künftigen Platzverteilungen in der Hamburger Bürgerschaft:
SPD 62 (+17) CDU 28 (-28) GAL 14 (+2) FDP 9 (+9) Linke 8 (0)
Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 6 KW 8 | 23.02.2011 |
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