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Online-ZeitungNein zu ACTA - Ja zum freien Internet |
15.02.2012 |
ACTA ist nun vorerst auf Eis gelegt, was begrüßend durch die Opposition goutiert wird. Nun müsse das EU-Parlament Mediator spielen, heißt es vonseiten der SPD. In ihren Reihen wird befürchtet, dass Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt und der Datenschutz aufgeweicht werde. In diesem Falle würde das Abkommen dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, warnt vor den Auswirkungen des Gesetzes. So müssten Unternehmen, die online aktiv sind, die Nutzungs- und Verkehrsdaten von Kunden offenlegen, die - wissentlich oder nicht - an Urheberrechtsverletzungen beteiligt waren. Das Hacker-Kollektiv "Anonymous" betont in einem auf Youtube veröffentlichten Video, dass Internet-Anbieter alle Daten auf Urheberrechtsverletzungen hin kontrollieren müssen. Sollte eine solche erfolgt sein, werde der Account gesperrt. Das habe nichts mehr mit dem freien Datenhighway zu tun. Nettes Detail am Rande: Ausgerechnet dieses Video wurde in seiner deutschen Fassung mit dem Vermerk auf die Gema und auf bestehende Leistungsschutzrechte bei You Tube irrtümlich gesperrt! Das Europäische Parlament hat bereits in Form einer Studie der Sorge Ausdruck verliehen, dass es "schwierig ist, einen signifikanten Vorteil aufzeigen zu können, den das ACTA-Abkommen den EU-Bürgern über den schon bestehenden internationalen Rahmen hinaus bieten würde". Von einer uneingeschränkten Zustimmung zum derzeitigen Abkommen wird deshalb gegenwärtig abgeraten! Die Beratungen in Straßburg beginnen am 27. Februar. In Brüssel zeigt man sich über den Dingen: "Alle 27 EU-Mitgliedsstaaten konnten an allen Verhandlungssitzungen zu ACTA teilnehmen!", so der Sprecher von EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Damit das Abkommen in Kraft tritt, müssen alle EU-Staaten eine Ratifizierung durchführen. Sollte aber der Europäische Gerichtshof eingeschaltet werden, so könnte sich das Inkrafttreten um rund zwei Jahre verschieben. Eine Rechtsexperten-Runde hatte bereits vor einem Jahr in einer Erklärung an das EU-Parlament die Neuverhandlung von ACTA dringendst empfohlen. |
Die Gegnerschaft kritisiert einerseits das Zustandekommen des Gesetzes. So wurden alle demokratischen Institutionen umgangen und etwa die World Trade Organization nicht mit eingebunden. Außerdem werde mit dem "ACTA-Ausschuss" ein Gremium für die Umsetzung des Abkommens eingerichtet, das jederzeit Änderungen an der Vereinbarung durchführen könne, ohne darüber Rechenschaft ablegen zu müssen. Ferner seien die Auswirkungen auf die Grundrechte und das tägliche Leben nicht geklärt. Bleiben außerdem Fragen offen, wie beispielsweise: Was geschieht mit sog. "verwaisten Werken", deren Urheber nicht ausfindig gemacht werden können? Kriminalisiert man sich, wenn man zitiert? Werden großflächige Kommunikationseinrichtungen das Internet künftig überprüfen (Big brother is watching you!)? Auch bei der Entwicklung von Software wird häufig von der Grauzone Gebrauch gemacht. Müssen Entwickler künftig befürchten, dass sie vielleicht unbeabsichtigt auf etwas zugreifen, das bereits geschützt ist? Wird ACTA den Ideenreichtum der Kreativen hemmen und jegliche Innovation unterbinden? Um dies klären zu können müsse auf jeden Fall der Europäische Gerichtshof eingebunden werden. Die Musikbranche atmet inzwischen hörbar auf. So war im Umfeld der Grammy-Verleihungen in Erfahrung zu bringen, dass aufgrund der verschärften Jagd nach Raubkopierern und einer Gesetzesgebung, wie es etwa auch ACTA darstelle, der legale Download im Internet erstmals seit 15 Jahren ansteige und dadurch den Rückgang beim CD-Absatz ausgleiche. "Wir freuen uns sehr über die stabile Marktentwicklung", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), Florian Drücke. In Zahlen ausgedrückt: Der legale deutsche Musikmarkt ist rund 1,5 Milliarden Euro schwer! Global macht dies nach Angaben des Weltverbandes der Musikindustrie etwa 12,3 Milliarden Euro aus. Anfang 2011 boten noch 23 Länder große, legale Verkaufsplattformen an - nur ein Jahr später waren es bereits derer 58. In Frankreich wird der User durch ein Symbol gewarnt, bevor er einen illegalen Download macht. Seither gingen diese eklatant zurück. (Ulrich Stock) |
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