Kältewelle - Europa bibbert | 06.02.2012 |
Dauerfrost ist in diesen Tagen weiterhin angesagt, jedoch klettert die Quecksilbersäule langsam aber stetig wieder nach oben. Trotzdem werden nach wie vor die Gewässer mit Argusaugen beobachtet. Manche, wie etwa die Elbe, der Elbe-Havel- und der Main-Donau-Kanal bzw. die Westoder, sind bereits zugefroren. Andere Wasserstraßen wurden für die Schifffahrt gesperrt, da Eisschollen im Wasser treiben, die Löcher in den Schiffsrumpf treiben oder der Antriebsschraube den Garaus machen können. So kann der Hafen von Stralsund von Norden her nicht mehr angefahren werden. Sollte der Rhein betroffen sein, kann es zu erheblichen Problemen bei der Heizölversorgung kommen. Doch auch die Landwirtschaft bzw. die Gärtnereien haben mit der Kälte zu kämpfen. Aufgrund der ungewöhnlich hohen Temperaturen der letzten Wochen sind die Krokusse bereits ausgetrieben. Andererseits bekamen Winterroggen, -gerste und -raps einen ordentlichen Wachstumsschub. Ohne eine schützende Schneedecke sind diese den eisig kalten Temperaturen schutzlos ausgeliefert und erfrieren oder vertrocknen. Nur die Winzer freuen sich. Die bisherigen Grade waren nicht geeignet für die Eiswein-Traubenlese. Für diese wohlschmeckende Spezialität müssen Temperaturen von zumindest sieben Grad unter Null erreicht werden - jedoch kein Extremfrost. Jetzt musste es sehr rasch gehen. Die Trauben werden im gefrorenen Zustand geerntet und gepresst, damit der Zuckergehalt möglichst hoch bleibt. Auch beim Sorgenkind Nummer eins, der Deutschen Bahn, hat man nach den negativen Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren gelernt. Enteisungs- und Abtauanlagen entlang der Hauptverbindungen laufen auf Hochtouren, Weichenheizungen versehen bislang großteils ohne Probleme ihren Dienst. Der Mineralölhandel hingegen ist hocherfreut. Das Geschäft läuft auf Hochtouren. Jedoch könnte es zu Lieferengpässen kommen, wenn der Frost weiter anhält, da die Zwischenlager aufgrund der hohen Ölpreise im Januar nicht wirklich gefüllt wurden. Auch im Herbst gab es aufgrund der Ereignisse im Nahen Osten bzw. Nordafrika keine Schnäppchenpreise für Einlagerungsaktionen.
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In den deutschen Zoos hingegen werden völlig neue Erfahrungen gesammelt. Erhalten beispielsweise die Affen in Gelsenkirchen Hustensaft, warmen Tee und sogar Glühwein, so sind die Amur-Tiger in Münster gar nicht mehr zu sehen. Der Wassergraben ist zugefroren; die Raubtiere könnten ohne Probleme über die Sicherheitsabsperrungen springen und einen Spaziergang einlegen. Wasservögel werden zu Landvögeln, da sie entweder an- oder mit ihren Füßen einfrieren könnten. Und auch die Dickhäuter, die Elefanten, haben eine Stelle, die geschützt werden muss: Ihre Ohren! Sie verschwinden in diesen Tagen unter überdimensionalen Ohrenschützern. Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) spricht man ebenfalls von einem Winter der Extreme. Zuerst angenehme Spätsommergrade, dann der plötzliche Einbruch. Solche Verhältnisse gab es zuletzt 1986 bzw. 30 Jahre zuvor. Das sibirische Arktishoch Cooper hat sich verabschiedet, das nächste klopft bereits an: Dieter. Es wird diese Tage weiterhin klirrend kalt machen - vor allem der Dienstag erreicht Rekordwerte - auch mit Schnee! Ein atlantisches Azorenhoch ist mittels einer Eisbrücke mit ihm verbunden. Ab Mittwoch jedoch gerät Europa in den Einfluss eines Italientiefs - die Quecksilbersäule wird um mindestens zehn Grad nach oben springen - doch gibt es auch weiterhin unheimlich viel Schnee für Südost-Europa. Namensgeber dieses ersten arktischen Hochs waren übrigens die Autobauer von BMW aus München. Sie hatten sich vor einiger Zeit an der Freien Universität Berlin die Namenspatenschaft gesichert und wollten damit eine große Werbekampagne für den Mini Cooper starten. Jetzt mussten sie sich aber gleich zweifach entschuldigen: Einerseits wussten sie nicht, dass das Hoch dermaßen brutal ausfallen würde. Andererseits wurde entdeckt, dass die Türen des Minis bei niedrigen Temperaturen gerne anfrieren - auch wenn im Fahrgastraum geheizt wird. Deshalb waren sehr viele Mini-Fahrer gezwungen, über den Kofferraum oder das Fenster auszusteigen. (Autor: Ulrich Stock) |
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