Ungarn - ja was denn jetzt!? | 20.01.2012 |
Die Partei Fidesz (Ungarischer Bauernbund) wurde im Jahre 1988 von den Intellektuellen des Landes gegründet. Anfänglich liberal, tendierte sie schon sehr bald in Richtung bürgerlich und schließlich rechtskonservativ. Bei den Wahlen 2010 erhielt die Fidesz beinahe von jedem zweiten Wähler ein Kreuz auf dem Wahlzettel. Viktor Orban sollte das Land in neue Zeiten führen, mit mehr Arbeitsplätzen, weniger Korruption; mehr westlich orientierter Wirtschaft, weniger östlich orientierter Verwaltung. Der Präsident spricht von einem neuen Zeitalter - der konservativen Revolution. Die Rückbesinnung auf traditionelle Werte und die Gemeinschaft! Ein wahrhaft hehres Ziel - zu dem es aber nie kam. Inzwischen gibt es den einheitlichen Steuersatz von 16 % für jeden, der die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer macht, und ein Riesen-Berg an Ausnahmeregelungen. Die Regierung verspricht Arbeitsplätze en gros - doch gibt es sie nicht. Die Wirtschaft und damit auch das Orban'sche System liegt am Boden. Und zudem fährt das System wie eine Walze über die Bevölkerung: Renten werden besteuert, sodass beinahe gar nichts mehr zum Leben übrig bleibt - wenig war es schon zuvor. Bis Jahresende muss Ungarn horrende 20 Milliarden Euro an Krediten zurückzahlen! Das könnte dem Land den Todesstoß versetzen, wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändert. Dies wäre auch der Beginn eines Rattenschwanzes: Österreichs Banken haben Kredite in der Höhe von 40 Milliarden Euro an den östlichen Nachbarn gewährt. Bei der Staatspleite würde der Alpenstaat erneut abgewertet. Mit ihm auch der Eurorettungsfonds EFSF. Damit könnte erneut auch der deutsche Steuerzahler zur Kasse gebeten werden! In allen Teilen des Landes demonstrieren mittlerweile die Bürger. "Die Menschen haben Angst vor der Zukunft und um ihre Existenz!", begründet der Oppositionsführer Peter Konya die Proteste. Kein Wunder, erhalten doch die meisten nur den Mindestlohn - Zuschläge werden (wenn überhaupt) schwarz oder als nicht steuerpflichtige Provision ausbezahlt. Von der Euphorie zu Zeiten des EU-Beitritts ist nichts mehr übrig geblieben. Konya gründete die neue Oppositionsbewegung Szolidaritás. Immer mehr genießt er das Vertrauen der Bevölkerung. Der Oberstleutnant der Ungarischen Armee und ehemalige Gewerkschaftsfunktionär ist einer jener, zu welchem der Bürger aufschaut. Er kann führen und v.a. sieht er, wie schlecht es dem Volk geht! Konya spricht das aus, was sich andere nicht trauen. Und er spricht es so deutlich aus, dass es auch der kleine Mann von der Straße versteht. Denn dieser ist politikmüde geworden. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage führte zu dem Ergebnis, dass 65 % der Stimmberechtigten keine der derzeitigen Parteien mehr wählen würden! Das ist jene Gruppe der Bevölkerung, die auf der Suche nach einer sicheren Zukunft ist! Diese Menschen will Konya mobilisieren. Mit ihnen gemeinsam geht er auf die Straße, demonstriert er Schulter an Schulter gegen die Regierung, will er wieder ein neues Land schaffen, das nicht die Rechte der Menschen über eine undemokratische Verfassung mit Füssen tritt. Wenn der Kampf gegen den Ausverkauf der "ungarischen Scholle" (Wortlaut Orbans) ein derartiges Erscheinungsbild aufweist, werden wohl die meisten Ungarn liebend gern darauf verzichten. Denn - jetzt geht es um ihre eigene Existenz! (Autor: Ulrich Stock) |
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