wären auch die Verbindungsleute fällig. Nicht selten waren dies die Anführer oder Regionalleiter solcher Organisationen. Sie müssten offiziell Zeugenaussagen tätigen und könnten hierdurch zur Zielscheibe für Vergeltungsanschläge werden. Daneben stellt der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für die Kontrolle der Geheimdienste, Thomas Oppermann (SPD), eine unheimliche Befürchtung in den Raum: Wurde das Terror-Trio vielleicht gar über öffentliche Gelder finanziert? Im unmittelbaren Umfeld der Terrorzelle sind zuvor nämlich drei V-Leute eingeschleust worden!
Der Rechtsextremismus ist in den Ländern der ehemaligen DDR offenbar tiefer verwurzelt als ursprünglich angenommen. Schon vor dem Mauerfall wurden streng geheime Netzwerke gesponnen. Uwe M. etwa, einer der beiden Zwickauer Täter, machte keinen Hehl aus seiner politischen Überzeugung. Vieles davon dürfte er von seinem Grossvater mit auf den Weg bekommen haben. Dieser galt als ein bekennender Alt-Nazi. Sein Vater allerdings, ein liniengetreuer Professor, entstammte der anderen politischen Überzeugung. Gemeinsam mit seinem Freund Uwe B., dem zweiten Zwickauer Täter, lebte er mit der jetzt in Haft sitzenden Beate Z. im Untergrund. Hierfür allerdings waren Helfer vonnöten. Dabei kommen der "Thüringer Heimatschutz" und die NPD ins Spiel. Ehemalige Parteimitglieder betonen, dass damals die Szene auch Partei war - zumindest soll dies in Jena der Fall gewesen sein. Dort gab es die "Kameradschaft Jena", die in den auslaufenden 90er Jahren das Trio allen Anscheins nach deckte. Nach dem Verbot des "Thüringer Heimatschutzes" entstand als Folgeorganisation das "Freie Netz", das auch gleichdenkende Mitglieder aus Sachsen und Sachsen-Anhalt aufnahm. Hier nun kommt es offenbar zu Verknüpfungen mit der NPD. So sind beispielsweise Parteimitglieder auch in der "Freien Kameradschaftsszene" engagiert. Das sog. "Braune Haus" in Jena-Lobeda galt als Schaltzentrale der dortigen Szene - war jedoch gleichzeitig Standort des NPD-Kreisverbandes Jena. Deshalb gehen Verfassungsschutz und Exekutive nun davon aus, dass die NPD vom Unterschlupf der Drei gewusst haben könnte. Ob allerdings auch deren Terroraktivitäten bekannt waren, muss geklärt werden. Trotzdem sprechen Aussteiger aus der rechten Szene von einer Art "Brauner Armee Fraktion" als
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Gegenstück zu der in den 70er Jahren aktiven linksgerichteten Terrorszene mit jedoch ähnlichen Zielen. Stellt sich die Frage, ob denn die lebensgefährliche Messerattacke auf den Passauer Polizeipräsidenten Alois Mannichi ebenfalls in einem Zusammenhang hierzu steht. Der Fall konnte bislang nicht aufgeklärt werden, wird aber gleichfalls in einem rechtsextremen Kontext gesehen. Interessant ercheint in diesem Lichte auch die rechte Rock-Kultur. Sowohl die Döner-Morde als auch dieser Anschlag in Passau finden in Songtexten Erwähnung.
Dieter Wiefelspütz (SPD) bringt es wohl auf den Punkt! Der Innenpolitiker meinte gegenüber der "Passauer Neuen Presse": "Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen. Da wird noch sehr viel Schmerzliches ans Tageslicht kommen." Grünen Chefin Claudia Roth fordert genaue Untersuchungen und erhöhte Aufmerksamkeit. Gegenüber "Die Welt" meint sie: "Dass Staatsorgane offenbar auf dem rechten Auge blind waren, ist unerträglich!" Allerorts werden Untersuchungsausschüsse verlangt. Auch der Bundestag hat sich zu Beginn der dieswöchigen Haushaltssitzung mit dem Thema befasst! Als sich dessen Präsident Norbert Lammer (CDU) bei den Angehörigen der Fahndungspannen und den Betroffenen von falschen Verdächtigungen entschuldigte, erhoben sich alle Abgeordneten in einer mehr als seltenen Geste von ihren Sitzen. Danach forderten die Politiker in einer gemeinsamen Resolution die rasche und umfassende Aufklärung. "Das sind wir den Opfern, ihren Familien und Freunden schuldig!" (Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, CSU). Dem Ganzen voraus ging ein Treffen der Partei- und Fraktionsspitzen. Viele Politiker möchten die NPD verboten wissen. Doch haben bislang die Beweise nicht ausgereicht. Jetzt könnte sich die Partei das eigene Grab geschaufelt haben.
(Ulrich Stock)
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