Was für den Einen ein Stolperstein, verhalf dem Anderen zu ungeahnten Höhenflügen - die Diskussion rund um die Atomkraft nach Fukushima! Stefan Mappus - der Hemdsärmeltyp von Politiker - war bislang ein überzeugter Befürworter der Kernkraft! Dies kostete ihn angesichts der plötzlichen Wende in der deutschen Atompolitik sehr viele Wählerstimmen. Auch von jenen, die sich gemeinsam mit dem damals 43-jährigen im Februar 2010 freuten, als der bislang jüngste deutsche Ministerpräsident mit vollem Elan nach der Ablösung des Amtsvorgängers Günter Oettinger an die Arbeit ging. Nun jedoch ist es klar: Es war eine der kürzesten Amtszeiten eines Politikers in dieser Funktion in Deutschland. Es wäre vermessen zu behaupten, dass nur der Glaube an die Kernkraft dem gerne auch als "junger Franz-Josef Strauß der CDU" bezeichneten Mappus den Kopf kostete. Zu viele schwerwiegende Fehlentscheidungen haben sich in diesem knapp mehr als einem Jahr Amtszeit aneinander gereiht: Steuerbetrüger-CD, Stuttgart 21 und die anschliesende Demontage des Stuttgarter Oberbürgermeisters, das Vorgehen beim Ankauf der EnBW-Anteile! Seit 58 Jahren ist die CDU in Baden Württemberg am Ruder gesessen - jetzt wechselte der Achter mit Steuermann. Der Diplom-Ökonom aus Pforzheim wurde eindeutig Opfer eines Spruchs, den die Politiker im Land immer gerne zitieren: "Maul auf, Wort fort!" Er sagte so manches, dessen Folgen er besser hätte zuvor abwägen sollen. Immer wieder musste er seine Meinung ändern (zumeist auf Druck der Öffentlichkeit) und seinen politischen Kurs korrigieren. Das aber goutiert die Bevölkerung nicht - zumindest nicht immer. Und genau dies unterscheidet Mappus von Strauß: Der politische Zieh-Vater Bayerns blieb auf Kurs! Katerstimmung herrscht derzeit selbstverständlich auch in Berlin: Kanzlerin Angela Merkel geniesst zwar noch den Rückhalt in Ihrer Partei: Mit dem Wegfall des sehr wichtigen Bundeslandes wird die Luft allerdings auch für sie sehr dünn!!! So meinte etwa der frühere Fraktionsführer Friedrich Merz gegenüber des Handelsblattes: "Das bricht der CDU das Rückgrat!" Die Modefarben dieses Frühjahrs allerdings sind wohl grün-rot. Die Grünen werden mit Winfried Kretschmann erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik einen Ministerpräsidenten stellen! Noch dazu einen, der eigentlich immer schon von einer schwarz-grünen Koalition geträumt hatte und als konservativer Aussenseiter in seiner Partei verschrieen war?! Kretschmann ist Mitglied im Zentralkomitee Deutscher Katholiken, im örtlichen Schützenverein und der Narrenzunft. Damit ist er tatsächlich nicht das, was man sich unter einem typisch grünen Politiker vorstellt. Trotzdem hat es der 62-jährige geschafft, seine Partei ganz nach vorne zu bringen, da er vielen Bürgern und Bürgerinnen während des Wahlkampfes aus der Seele gesprochen hat. Volksabstimmung zu Stuttgart 21, gemeinsame Mittelschule und zumindest der Versuch des Aussteigens aus der Atompolitik. Durch seine Arbeit wird wohl die Frage "Alles bio, oder was?" in der Küche der Villa Reitzenstein ganz oben auf der Liste stehen. Die SPD unter Spitzenkandidat Nils Schmid hat ebenfalls in der Gunst der Wähler eingebüsst! Hier schmerzt v.a. eine Tatsache: Die Sozialdemokraten sind ab sofort nurmehr die drittstärkste Partei des Landes - wenn auch nur knapp. Sicherlich wäre es schöner gewesen, eine rot-grüne Regierung zu stellen! Die FDP konnte sich gerade noch im Landtag halten. Mit einem Minus von 5,4 % sind die Liberalen allerdings die eigentlichen Verlierer der Landtagswahlen 2011. Sie spielen bei der Regierungsbildung keine Rolle mehr. Auch wenn durch einen Fehler auf der Homepage der Landeszentrale für politische Bildung in Baden Württemberg die schwarz-gelbe Koalition bereits eine Woche vor den Wahlen zum Sieger erklärt wurde. Die Linkspartei hat den Einzug ins Landesparlament klar verpasst. Ganz Deutschland schaut nun gespannt nach Stuttgart. Was wird sich im dortigen Landtag tun!? Wie werden unter grüner Führung die anstehenden Probleme bewätligt? Hat sich die Wende rentiert - und wird diese Modefarbe auch in Zukunft Schule machen???
Das amtliche Ergebnis: CDU: 39,0 % (-5,2 - 60 Sitze Grüne: 25,2 % (+12,5) - 36 Sitze SPD: 23,1 % (-2,1) - 35 Sitze FDP: 5,3 % (-5,4) - 7 Sitze Linke: 2,8 % (+2,8)
Ulrich Stock
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TAM-Wochenblatt Ausgabe 11 KW 13 | 30.03.2011 |
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