Die Nachricht aus New York wurde von den Rebellen in Libyen mit Freudentaumel quittiert! Der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich für ein Einschreiten in Libyen ausgesprochen. Dieses beschränkt sich vorerst auf militärische Massnahmen bei der Einhaltung eines Flugverbotes - der Einsatz von Bodentruppen ist zumindest gegenwärtig noch nicht vorgesehen. Trotzdem sollen bereits vor einiger Zeit Spezialeinheiten der beiden britischen Kampftruppen SAS und SBS in Libyen eingesickert sein und dort wichtige Ziele für Luftangriffe markiert haben. Bei der Abstimmung im Weltsicherheitsrat enthielten sich einige Staaten ihrer Stimme - so auch Deutschland! Die Rebellen erhalten hierdurch die langersehnte Hilfe aus dem Ausland, da die Gaddafi-getreuen Truppen zuletzt immer mehr Kämpfe durch den Einsatz von Jagdflugzeugen oder Hubschraubern gut machen konnten. Der Revolutionsführer selbst liess nach dem Bekanntwerden der Resolution am Freitag eine Waffenruhe ausrufen. Doch davon wussten offenbar seine Truppen nichts. Der Kampf etwa um die Rebellenhochburg Bengasi tobte mit unerbittlicher Härte weiter. Mit Unterstützung der Artillerie - aber auch aus der Luft! Beide Seiten werfen sich gegenseitig den Bruch dieser Waffenruhe vor. Seit Samstag nun wird vorerst durch die USA das "Peace-Making-Mandat der UNO" vollzogen. Marsch-Flugkörper haben libysche Stellungen zerstört, Stealth-Tarnkappenbomber ihre tödliche Last (1.000 kg-Bomben) abgeworfen. In dieser Woche werden auch Flugverbände aus Frankreich und Grossbritannien eingreifen. Eine Beteiligung der NATO scheiterte bislang am Veto der Türkei. Flugzeug wurde bislang nur eines abgeschossen - eine alte Mirage! Und diese Maschine stammte ausgerechnet von den Rebellen! Die Arabische Liga übt jetzt heftigste Kritik. Obwohl grundsätzlich für die Resolution des Weltsicherheitsrates gestimmt, geht das Eingreifen der westlichen Verbände offenbar zu weit. So betonte dessen Generalsekretär Amr Mussa gegenüber ägyptischer Medien, dass Angriffe gegen Zivilisten niemals zur Diskussion standen. Der US-amerikanische Generalstabschef Mike Mullen hingegen zeigt sich zufrieden - das Flugverbot sei durchgesetzt. Angegriffen wurden vornehmlich Luftabwehrstellungen sowie Lande- und Rollbahnen. Ein Angriff auf zivile Ziele sei nicht vorgesehen - auch nicht auf Gaddafi selbst! Jener Einschlag auf seine Residenz in Tripolis galt einer dort vermutlich untergebrachten Kommandozentrale. Auch in den Vereinigten Staaten hagelt es Kritik. Einerseits aufgrund des erneuten Oberbefehls bei diesem militärischen Einschreiten, andererseits aufgrund der unheimlichen Kosten. Vorsichtigen Schätzungen zufolge beläuft sich der Aufwand auf nicht weniger als 100 bis 300 Millionen Dollar pro Woche - wenn die ganzen 1,77 Mio Quadratkilometer Libyens überwacht werden sollen; wird die Zone auf das Staatsgebiet oberhalb des 29. Breitengrades eingeschränkt, so sind es nach wie vor 30 bis 100 Mio Dollar pro Woche. Deutschland hielt sich bislang zurück. So betonte Aussenminister Guido Westerwelle am Wochenende, dass noch lange nicht alle Massnahmen im Bereich der Finanz- und Wirtschaftssanktionen ausgereizt wären (alleine im benachbarten Österreich soll Gaddafi rund 30 Milliarden Dollar geparkt haben). Auch Kanzlerin Angela Merkel meint, dass die Regierung alles versuchen werde (auch abseits dieser militärischen Lösung), um das Blutvergiessen zu beenden. Muammar Gaddafi liess in einem offenen Brief an den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, dessen Amtskollegen David Cameron aus Grossbritannien und den UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verlauten, dass die Vereinten Nationen mit dieser Resolution gegen die UNO-Charta verstossen, die ausdrücklich die Einmischung in innere Angelegenheiten eines Mitgliedlandes verbiete. "Libyen gehört nicht Euch, Libyen gehört uns!", meint der Machthaber. Sein militärisches Eingreifen gelte nicht dem eigenen Volk, sondern der Terrororganisation Al-Qaida. Im Falle eines Eingreifens durch den Westen hat er mit "unkalkulierbaren Risiken für den Mittelmeerraum und Europa" gedroht. In einem weiteren Schreiben an den US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama schreibt Gaddafi gar, dass Obama - auch im Falle eines Krieges ("...Gott verbiete es...") dessen Sohn bleiben werde. Obama hatte zuvor einen sofortigen Waffenstillstand gefordert und mit militärischen Aktionen gedroht. Das Gaddafi-Regime hat inzwischen internationale Beobachter aus Deutschland, China, Malta und der Türkei eingeladen, welche die Waffenruhe kontrollieren sollen. Immer mehr Menschen verlassen das Land. Nach offiziellen UN-Angaben sollen bereits mehr als 300.000 Personen geflüchtet sein. Die Ölförderung Libyens ist von ehedem 1,6 Milliarden Barrel pro Tag auf weniger als 400.000 zurückgefahren worden. Jetzt sollen auch Öl-Sanktionen der internationalen Staatengemeinschaft greifen. In Libyen quittiert man dies mit einem Lächeln: Dann suche man sich eben andere Partner - wie etwa China! Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 10 KW 12 | 23.03.2011 |
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