Im Herbst dieses Jahres wird der amtierenden Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet, seinen Chefsessel turnusgemäß räumen und Platz für seine(n) Nachfolger(in) machen. Dass sich hierbei die Gerüchteküche bereits gut ein Dreivierteljahr vorher einheizt, ist in Anbetracht der Wichtigkeit und Signalwirkung dieses Postens nicht verwunderlich. Umso mehr befremdete es die Öffentlichkeit, dass einer der scheinbar aussichtsreichsten Kandidaten, der Präsident der Bundesbank Axel Weber, seine Kandidatur plötzlich zurückzog und zum 30.04.2011 sogar vorzeitig den Platz an der Stelle der Bundesbank räumen wird. Spekulationen, er würde Josef Ackermann als Vorstandsvorsitzen der Deutschen Bank beerben, lösten nicht nur in der Politik Unbehagen und die Forderung aus, Axel Weber möge wenigstens ein Jahr Karenzzeit in Anspruch nehmen, bevor er von einem staatlichen zum größten privaten Bankhaus wechselt. Dies scheint er nun beherzigt zu haben und kehrt zum Ende seiner Karriere als Bundesbankpräsident wieder an seine alte Wirkungsstätte, der Universität zu Köln, als Professor für Internationale Ökonomie. Davor wird er jedoch ein Urlaubssemester einlegen. Als derzeit aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Jean Claude Trichet gilt nun der Chef der italienischen Notenbank, Mario Draghi. |
Dass Professor Axel Weber letztlich auf seine Kandidatur verzichtete, ist nicht zuletzt auch ein Signal an und für die Konjunktur, die Finanzmarktpolitik und damit auch an die Wirtschaft. Axel Weber hatte sich schließlich im vergangenen Mai im EZB-Direktorium isoliert, als er sich als einziger gegen Ankäufe von Staatsanleihen krisengeplagter Euro-Zone-Mitgliedsländer - damals vor allem gegen den Kauf griechischer Titel - seitens der EZB aussprach, auch weil er davon überzeugt war, dass das Ankaufen von Schuldverschreibungen aus Ländern wie eben Griechenland, nicht zur Stabilisierung des Euro beitragen würden. Dabei hatten die Ankäufe, die mittlerweile zeitweilig eingestellt wurden, zum Ziel den angeschlagenen Staaten Liquidität zu geben. Für Axel Weber als Vertreter der Bundesbank und damit in gewisser Weise auch Deutschlands im Sinne europäischer Finanzpolitik, war das Risiko einer weiter anziehenden Inflation durch zu viel Geld auf dem Markt ein entscheidendes Kriterium sich gegen die Ankäufe im großen Stil auszusprechen. Außerdem stellte er die Wirkung der milliardenschweren Käufe von Staatsanleihen aus Griechenland, Irland und Portugal in Frage. Die Europäische Zentralbank verspricht sich vom Ankauf der Anleihen, dass Länder, die sich in einer massiven Finanzkrise befinden, dadurch weniger hohe Zinsen an Käufer ihrer Schuldverschreibungen auszahlen müssen, sobald die EZB als großer Finanzmarktakteur und durch den Ankauf der Anleihen für mehr Vertrauen, weniger Angebot und damit fallender Zinsen sorgt. |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 5 KW 7 | 01.03.2011 |
Trotz anziehender Preise für Energie und Rohstoffe sieht die EZB immer noch keinen Anlass zu einer Anhebung des Leitzinses. Dabei setzt vor allem das deutsche Wirtschaftsministerium darauf, dass der Nachfolger von Trichet ein bekennender Inflationsbekämpfer sei und damit womöglich auch ein schnelleres Anheben des Referenzzinssatzes vorantreibe. Deutschland sieht sich als stärkeste Volkswirtschaft in der Euro-Zone besonders von ansteigenden Preisen und damit abnehmender Nachfrage bedroht. Dabei geht es in erster Linie um die Nachfrage im Inland, auch um sich ein Stück weiter von der Exportabhängigkeit zu emanzipieren. Schließlich haben Maßnahmen wie die EZB-Anleihenankäufe und der ESFS-Rettungsschirm dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach deutschen Produkten seitens europäischer Nachbarstaaten wieder anzog. Werden diese Mittel nun Stück für Stück heruntergefahren, droht auch dem deutschen und Export bedingten Aufschwung eine kleine Delle. Marcello Buzzanca |
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