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Online-ZeitungIst China angezählt? |
08.08.2012 |
Ist China angezählt?
Der gelbe Riese wankt -
kommt es zu großflächigen Veränderungen?
Während eine kleine Gruppe Privilegierter mit Hilfe der KP immer reicher wird, verarmt die Bevölkerung zusehends. Doch der Mob sucht vermehrt den Gang auf die Straße. So mussten Projekte im ostchinesischen Qidong bzw. südwestchinesischen Shifang kurzerhand gestrichen werden. Ein Bauernaufstand im südchinesischen Wukan zwang gar die Ortsleitung der Kommunisten in die Knie. Wegen Korruptionsvorwürfen wurden im Rahmen einer geheimen Wahl neue Volksvertreter gewählt. Experten schätzen die Zahl der lokalen Aufstände in China inzwischen auf mindestens 100.000 pro Jahr (!). Aus den arbeitenden Volksmassen entwickelt sich immer mehr ein urbaner Mittelstand, der zusehends auf seine Rechte pocht. Menschen auf dem Land verdienen im Schnitt nur ein Fünftel des Gehalts eines Stadtbewohners.
Dies musste nun auch die Partei- und Regierungsspitze eingestehen. Vergangenen Freitag begann im Badeort Beidaihe am Golf von Bohai eine mehrwöchige Geheimtagung. Ziel: Planung und Vorbereitung des Machtwechsels. Im Herbst soll der ebenfalls anwesende Vizepräsident Xi Jinping dem derzeitigen Staats- und Parteichef Hu Jintao folgen, der erstmals seit 2003 diese Sommerklausur wieder aufleben ließ. Der derzeitige Vizeregierungschef Li Keqiang soll Ministerpräsident werden. Nach Meldungen der Financial Times wird auch an einer Verkleinerung des Politbüros gearbeitet. Inwieweit es zu einer Verjüngung durch einen Generationswechsel kommen wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Dieser findet an der Regierungsspitze normalerweise alle zehn Jahre statt. Während offenbar die beiden Nachfolger für die höchsten Ämter im Land feststehen, finden hinter verschlossen Türen erbitterte Machtkämpfe statt. Eine Strömung allerdings wird dabei leer ausgehen: Die Linkspopulisten. Deren Hoffnungsträger Bo Xilai lehnte sich etwas zu weit aus dem Fenster. Der Korruptionsgegner wurde Opfer des liberalen Premiers Wen.
Sind dies alles Zeichen einer weiteren Öffnung? Wohin marschiert das Reich der Mitte wirtschaftlich? Die Gangart wird an sich durch das Politbüro festgelegt und dem Volkskongress nurmehr als Status Quo präsentiert. Der Regierung wohlgesonnen ist nach wie vor das Militär. Das kommt den Kommunisten aber sehr teuer - das Militärbudget wurde wohlwollend berücksichtigt. Hu Jintao wird sicherlich die Funktion des Chefs der Zentralen Militärkommission und somit des obersten Befehlshaber für weitere zwei Jahre behalten. Dies zeigte ihm sein Vorgänger Jiang Zemin vor. Über alles weitere kann derzeit nur spekuliert werden.
(Ulrich Stock)
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