Berlins regierender Oberbürgermeister, Klaus Wowereit (SPD) forderte die Einwohner dazu auf, wachsam zu sein. Auch eine Belohnung für die Ergreifung der Brandleger wurde ausgesetzt. Dieser Tage ist wohl jeder Berliner froh, wenn er bei einem morgendlichen Blick aus dem Fenster sein Auto unbeschädigt vor dem Haus vorfindet. Eine Serie von Brandanschlägen hält nicht nur die Polizei und Feuerwehr auf Trab. Die Brandstifter haben es dabei auf am Straßenrand parkende, hochwertige Marken (wie Mercedes, BMW und Audi) abgesehen. Doch wurden auch andere Autos beschädigt. Betroffen waren vornehmlich die Stadtteile Charlottenburg, Spandau und Friedrichshain - praktisch im Minutentakt gingen die Notrufe ein. Immer wieder ließen die Täter den Brandbeschleuniger am Tatort zurück. Menschen kamen gottlob keine zu Schaden. Ein Opfer berichtet der Nachrichtenagentur dapd, dass ein Mannschaftswagen der Polizei sein Haus gerade passiert hatte - kurz danach stand allerdings trotzdem sein Auto im Vollbrand. Charlottenburg ist ein gutbürgerlicher Ortsteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmerdorf. Bereits in früheren Jahrhunderten war dies ein heißbegehrtes Naherholungsziel der Begüterten. Auch heute noch leben hier vornehmlich jene Einwohner, die etwas besser betucht sind. Die Polizei reagierte auf die Brandstifter mit vermehrten Streifen in Uniform und zivil sowie einem Hubschrauber mit Wärmebildkamera. Doch gestaltete sich die Suche nach den Tätern sehr schwer, verfügt doch Berlin über ein Straßennetz von 5.400 km und die Brände immer weiter auseinandergezogen werden. Auch ermittelt bereits der Verfassungsschutz, da linksextremistische Täter und somit politische Motive vermutet werden. Immer lauter wird in der Bevölkerung der Ruf nach einer Bürgerwehr! Die Brandanschläge kommen zu einem mehr als schlechten Zeitpunkt. Einerseits fürchtet sich ganz Deutschland davor, dass sich die Unruhen in England oder die Proteste in Spanien auch auf deutsche Städte übertragen könnten. Andererseits werden auch hierzulande im Sicherheitsbereich eklatante Einsparungsmaßnahmen getroffen. So habe nach Angaben der Polizeigewerkschaft GdP der Berliner Senat in den vergangenen 10 Jahren rund 4.000 Polizisten eingespart. Es ist ein ständiger Kampf zwischen der Gewerkschaft und der öffentlichen Hand. Erstere hat zuletzt immer wieder lauthals aufgeschrien, da gefasste Kriminelle - vornehmlich im Jugendbereich - nur sehr harmlos durch die Justiz abgeurteilt wurden. Gefordert werden "harte und abschreckende Urteile", so der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt in der Bild-Zeitung. Immer wieder wird versucht, ein Naheverhältnis zum Terrorismus herzustellen. Nach der Verlängerung der Terrorgesetze durch die Bundesregierung käme der Exekutive bei Ihrer Arbeit eine größere Machtbefugnis und damit andere Möglichkeiten zu. Seit Jahresbeginn wurden alleine in Berlin über 280 brennende Autos gezählt. Inzwischen gehen Experten davon aus, dass rund die Hälfte davon durch Linksextreme, also aus politischen Überlegungen in Brand gesetzt wurde. Bereits vor zwei Jahren gab es solche vermutete politische Hintergründe bei 145 Brandstiftungen. Der Innenexperte der SPD, Dieter Wiefelspütz meint gar, dass auch die RAF damals mit Brandanschlägen begonnen habe. Doch muss ferner davon ausgegangen werden, dass Trittbrettfahrer aufgesprungen sind. Die Täter sind zumeist schwer zu finden - so gab es im vergangenen Jahr gerade mal 3 Prozesse, einer der Beschuldigten wurde freigesprochen. Von anderer Seite hingegen wird ausgesprochen, was sehr viele ebenfalls vermuten: Es gibt einen sozialpolitischen Hintergrund. Jugendliche, vielleicht auch mit migrantischen Wurzeln und/oder aus schlechten sozialen Verhältnissen, spielen hier mit der Polizei "Räuber und Gendarm". Auch vonseiten der Polizei selbst wird betont, dass die Linksextremen solche Brandstiftungen zwar noch vor zwei Jahren als durchaus probates Mittel verwendeten, dann allerdings erkennen mussten, dass es auch sehr viele Falsche getroffen habe. Wie etwa jenen Mann, dessen Kleintransporter durch ein brennendes Auto angesteckt wurde, der dadurch seine Existenzgrundlage verloren hat. Außerdem sei bislang nichts von etwaigen Bekennern in Erfahrung zu bringen. Berlin wird am 18. September einen neuen Senat wählen. Damit wird der Wahlkampf um ein schwergewichtiges Thema reicher - ob gewollt oder ungewollt! So werfen CDU und FDP der rot-roten Stadtregierung bereits auf Wahlplakaten Untätigkeit vor. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilt dies und spricht gegenüber der Bild am Sonntag von "Einem Wahlkampf auf dem Rücken der Polizisten!". Auch in der Bundespolitik kommt es zu ersten wachsamen Reaktionen, greifen doch offenbar die Brandstiftungen auch auf andere Städte über. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich fordert ein hartes und konsequentes Vorgehen gegen die Täter. Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 24 KW 34 | 24.08.2011 |
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