„Es musste jemand gefunden werden, der das Vertrauen aller vier Parteien genießt“
Geschimpft haben sie alle - auch die Unionspolitiker (hinter vorgehaltener Hand)! Am Freitag ist das eingetreten, was die Opposition gefordert hat: Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff hat seinen Arbeitsplatz im Schloss Bellevue geräumt und ist in jenes Haus in Niedersachsen Bundeskanzlerin Angela Merkel bis zuletzt die Stange gehalten hat, wird sie insgeheim sicherlich froh über den Rückzug sein, da sie in der jüngsten Vergangenheit nurmehr mit Schadensbegrenzung zu tun hat und um jede Baustelle weniger hocherfreut sein dürfte.Doch dann hatte sich eine ganz andere Problemkiste aufgetan, die eigentlich alle Parteien vermeiden wollten: Wer sollte Wulff nachfolgen!? Bislang stellten die Regierungsparteien und die Opposition jeweils einen Kandidaten. Hinzu kam vielleicht noch der ein oder andere Parteilose. Der Regierungskandidat wurde zumeist dann durch die Bundesversammlung bestätigt. Dies sollte 2012 anders werden. Erstmals seit 1949 wollte die Kanzlerin einen gemeinsamen Kandidaten. Eine Person, die von allen Parteien gutgeheißen wird. Nur im Jahre 1989 wurde Richard von Weizsäcker ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Doch jetzt geht es um den ersten gemeinsamen, neuen Kandidaten! Die Entscheidung Merkels ist durchaus verständlich, hatte die Koalition mit ihren beiden letzten Favoriten nicht wirklich den Joker gezogen. Horst Köhler trat nach seiner Wiederwahl im Jahre 2009 im Mai 2010 zurück, ihm folgte Christian Wulff nach - der zweite Rücktritt innerhalb von zwei Jahren! Die Personalfrage bereitete Kopfschmerzen. Woher nehmen, wenn nicht stehlen! Es musste jemand gefunden werden, der das Vertrauen aller vier Parteien genießt, wobei die Linke bereits lauthals aufschrie, dass sie bei der Diskussion außen vor gelassen wurde. |
Merkel kündigte einen "iterativen Prozess" an - "sich schrittweise in wiederholten Rechengängen der exakten Lösung nähernd" (Quelle: Duden). Und so liefen am vergangenen Freitag im Kanzleramt die Drähte heiß: Dort wollte man eine rasche Entscheidung, denn nur erledigte Arbeit ist gute Arbeit. Außerdem befürchtete die Regierungsspitze zu viele Überlegungen und Einmischungen etwa der Medien. Also sondierte man rasch die Kandidaten: Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle! Der höchste Richter Deutschlands genießt den Respekt aller. Auch die SPD hat den 48-jährigen bei der Erlangung dieser Position unterstützt. Nach kurzer Bedenkzeit jedoch lehnte der Freiburger ab. Nun musste Bundestagspräsident Norbert Lammert in die Presche springen. Er war beispielsweise bei der Energiewende und der Eurorettung nicht wirklich einer Meinung mit der Kanzlerin, weshalb ihn die Opposition schätzt. Doch auch dieser winkte ab. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (Merkels Mann fürs Grobe) hat sich gleich zu Beginn selbst aus der Diskussion herausgenommen. Er befürchtete offenbar einen Gesichtsverlust, da die Opposition keinen Kandidaten aus dem Merkel'schen Kabinett vorgesetzt bekommen wollte. Blieb noch ein Name: Wolfgang Huber, ehemaliger Bischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands. Er gilt zwar als SPD-nahe, hat jedoch durchaus auch schon einige Entscheidungen zugunsten der Union getragen. Seine Predigten genießen inzwischen Kultstatus, sein Hühnerauge jedoch: Die Wirtschaft! Vielleicht ist es ja das, was störte. Jedenfalls galt er nicht als erste Wahl. Also wurde weitergesucht. |
Wir haben einen Präsidenten
Joachim Gauck heißt der neue Hausherr auf Schloss Bellevue - doch zuvor musste die deutsche Politik die Hosen runterlassen
TAM-News |
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20.02.2012 |
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