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Online-ZeitungRegionalliga? Think global! |
11.01.2012 |
Einst zog er aus, um Europa zu verändern! Jetzt hört zwar die Politik und Wirtschaft auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs und jetzigen Energie-Kommissar der Europäischen Union, Günther Oettinger, doch könnte sein neuester Vorschlag weitreichende Folgen für den Endkonsumenten haben: Dieser schlägt eine Fusion der beiden Strom-Riesen E.on und RWE vor, damit sich der dadurch entstehende Energie-Gigant besser am internationalen Markt behaupten kann. Derzeit seien beide nur "Regionalliga"! Ein Schlag mitten ins Gesicht sehr vieler Antimonopolisten und Kartellrichter. Betrachtet man die Hintergründe etwas genauer, so könnte allerdings der EU-Kommissar (international) durchaus auf dem richtigen Wege sein. Es entstünde somit ein Konzern, der in Deutschland den Markt bestimmen und die Preisgestaltung maßgeblich beeinflussen könnte. Verständlich deshalb auch die ersten Reaktionen aus dem Bundeskartellamt: Man werde eine solche mögliche Fusion genau prüfen! Außerdem würde diese Zusammenlegung etwa auch den Bestrebungen der Opposition in Deutschland widersprechen, die sich durch die Energiewende mehr Mitspracherecht der Stadtwerke und Kommunen erwartet. Die Energiewende hat in Deutschland für grundlegende Änderungen gesorgt. Durch das Aus für Atom werden die Kraftwerke nach und nach dicht gemacht und zurückgebaut. Weniger Standorte bedeuten auch weniger Arbeitsplätze. So wird RWE in nächster Zeit 6.000 Stellen abbauen, E.on gar 11.000. Die Gewinne brechen ohne Kernenergie ein. Die heimischen Stromkonzerne haben deshalb bereits angekündigt, sich vermehrt im Ausland engagieren zu wollen. Mit diesem wandert allerdings auch die Wertschöpfung über die Grenzen! Beispielsweise nach Polen. Während Deutschland aus der Atomenergie aussteigt, steigt das benachbarte Polen ein. Know-How made in Germany ist hierbei mehr denn je gefragt. Doch gilt es, gegen schier übermächtige Gegner zu bestehen: Weltweite Globalplayer wie die russische Gazprom oder die Ölkonzerne Chevron und Exxon. "Ein Zusammenwirken wichtiger Spieler im Energiemarkt, vielleicht auch die Option einer Fusion, könnte ein Schritt sein, der das Gewicht der deutschen Energiewirtschaft im weltweiten Wettbewerb stärken würde.", so Oettinger gegenüber der Rheinischen Post. Die RWE erwirtschaftete im Jahr 2010 einen Außen-Umsatz von nicht weniger als 53,32 Milliarden Euro bei einem Netto-Ergebnis von 3,308 Milliarden. |
16,2 Millionen Stromkunden verbrauchten 311,2 Milliarden Kilowattstunden, 7,9 Millionen Gaskunden 395,4 Milliarden Kilowattstunden! Die RWE beschäftigt 70.856 Mitarbeiter. Ungleich höher die Kennzahlen bei E.on. Bei einem Außenumsatz von 92,863 Milliarden und einem Konzernüberschuss von 6,281 Milliarden € wurden im selben Jahr 1.030,4 Milliarden Kilowattstunden Strom und 1.342,4 Kilowattstunden Gas verkauft. E.on beschäftigt 85.105 Mitarbeiter und ist damit bereits heute schon einer der größten Energie- und Stromlieferanten weltweit. (Zahlen: www.rwe.com bzw. www.eon.com) In den kommenden Jahren sollen nach einem Szenario aus Brüssel nicht weniger als 40 neue Atomkraftwerke in Europa aus dem Boden gestampft werden. 14 Staaten werden bei der Kernkraft bleiben, 13 sind schon ausgestiegen oder kurz davor. Jene Staaten, die nach wie vor Atomstrom liefern, erhoffen sich eine nicht unwesentliche Abnahme ihres Stromes auch durch Deutschland. Dort stoßen die Bemühungen um das seit Jahren vernachlässigte Betätigungsfeld der erneuerbaren Energien immer wieder auf große Hindernisse - sei es auch nur, dass die Produktion der Off-Shore-Windkraftwerke im Norden nicht bis in den Süden gebracht werden kann. Oettinger kann sich verständlicherweise offiziell nicht für oder wider Atomstrom aussprechen. Er fordert allerdings beim Bau dieser Kraftwerke den höchst-möglichen Sicherheitsstandard. Strom und Gas werden stetig teurer. Auch wenn Deutschland mit derzeit 25 Cent/kWh nach Dänemark (29 Cent) den zweithöchsten Strompreis in Europa hat, so muss die Energiewende doch wieder hereingeholt werden. Dies könnte noch sehr viel teurer werden, wenn die Industrie aufgrund der gestiegenen Energiepreise ins Ausland abwandert. Deshalb bittet EU-Kommissar Oettinger um sehr viel Fingerspitzengefühl bei der künftigen Preisgestaltung. Eine andere Möglichkeit wäre es, den stromaufwendigen Produktionssparten Öko-Rabatte zu gewähren. Doch - ab wann gilt eine Produktion als stromaufwendig? Oder: Sollen Unternehmen, die dicke Gewinne machen, hierdurch noch zusätzlich subventioniert werden? Ulrich Stock |
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