Wolfgang Schäuble ist derzeit wirklich nicht zu beneiden. Jedes Ressort verlangt mehr Geld, Einsparungen werden sofort wieder aufgefressen und grossangelegte Steuererhöhungen müssen unterbleiben, da die Koalitionsregierung ansonsten wortbrüchig wird. Damit ist der Bundesfinanzminister auf der Suche nach dem Mitarbeiter des Monats, der mehr Einnahmen bei gleichzeitiger Verringerung der Ausgaben verspricht - einem Wunderwuzzi sozusagen. Doch dabei wird der Mann mit der dicken Geldtasche rasch auf den Boden der Realität zurückgeholt: Durch den Bund der deutschen Steuerzahler! Dieser veröffentlichte zuletzt eine Liste mit den grössten und schlimmsten Fällen der Steuerverschwendungen. Hier ortet Verbands-Präsident Karl-Heinz Däke ein Einsparpotential von nicht weniger als 27 Milliarden € - bei einem Bundeshaushalt von 306 Milliarden. Dafür müssten nur einige "skurrile, überteuerte oder unsinnige Fördermassnahmen" des Bundes gestrichen werden. Alleine bei der Bundesagentur für Arbeit könnte der Rotstift 7,4 Milliarden € bringen. Ein Wegfall der 1 €-Jobs würde sich dabei etwa mit 1,5 Mio € zu Buche schlagen. Ein Subventionsabbau weitere 3 Miliarden zusätzlich bringen. 50 Fälle für eine teils sehr zweifelhafte Förderungspolitik werden aufgelistet. So unterstützt beispielsweise das Bundesforschungsministerium die Entwicklung eines neuen Lippenstiftes auf Torf-Basis (260.000 €), das Bundeslandwirtschaftsministerium hat für eine Wanderausstellung von Duft-, Heil- und Färbepflanzen ebenfalls fast 250.000 € zugesagt. Mercedes erhält für die Entwicklung des Elektrokleintransporters Vito E-Cell nicht weniger als 10 Millionen aus dem Budget des Bundesumweltministeriums. Gesundes Wohnen muss nicht immer stillos sein! Das meint auch das Projekt "Gesund wohnen mit Stil" - hierbei geht es um die Entwicklung von "innovativen Angeboten mit hoher Attraktivität für eine interessierte und zahlungskräftige Zielgruppe" (2,2 Millionen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung). Unzählige Fachräte und Beiräte beraten die Regierung und kosten Geld - das Ergebnis der Beratungstätigkeiten allerdings lässt Zweifel über deren Sinnhaftigkeit aufkommen. Und dann sind da auch noch die Aufwendungen für parteipolitische Stiftungen (345 Millionen €) bzw. die Fraktionskosten (weitere 80,5 Mio)! Es sind zuhauf Ausgabeposten, die den Steuerzahler tief in die Tasche greifen lassen. So gibt es einen Baumwollberatungsausschuss, ein Projekt für effizientere Elektroherde, eine verständlichere Gesetzessprache oder auch die elektrischen Dienstfahrzeuge bzw. nicht zu vergessen: Der Öko-Topfschnittlauch. Ist Ihnen bekannt, dass die Bundesregierung 3,2 Mio € für die Entwicklung eines regionalen, chinesischen Verkehrskonzeptes ausgibt? Ferner hat jeder Bundestagsabgeordnete dreimal jährlich die Möglichkeit, Interessierte seines Wahlkreises (jeweils bis zu 150 Personen) nach Berlin einzuladen (Kosten: 31 Mio €). Beinhaltet: Anreise, Hotel mit Verpflegung, Besichtigungstouren und Heimfahrt. Viele dieser Förderprojekte könnten vonseiten des Bundes eingespart werden, da dies zumeist in die Forschungs- oder Entwicklungsarbeit der Konzerne einfliesst, die ohnedies ein wirtschaftliches Interesse an dessen Umsetzung haben sollten. So wurde der Bau einer Wasserstofftankstelle in Berlin mit nicht weniger als 4 Millionen unterstützt - betrieben durch die Ölmultis TOTAL bzw. Statoil! Die Wasserstoffnutzung gilt als Energiequelle der Zukunft. Wer früh genug bei der Entwicklung dabei ist, kann auch den Markt bestimmen. Andererseits aber wird der veraltete Steinkohleabbau mit 1 Milliarde noch künstlich am Leben gehalten, obgleich sich dieser seit Jahren in Deutschland nicht mehr auszahlt. All diese umstrittenen Fördermassnahmen und ein kleines bisschen Sparsamkeit unserer Politiker könnten so manches Loch im Portemonnaie Schäubles stopfen. So kritisierte beispielsweise der Steuerzahlerbund auch Merkels Reise zum Viertelfinalspiel der DFB-Auswahl bei der Fussball-WM 2010 in Südafrika. Eine Flugstunde mit der Regierungsmaschine kostet 10.000,- €, die Flugzeit Berlin-Kapstadt beläuft sich auf 12 h 04 min - im besten Fall. Doch sind bei den Streichungsvorschlägen der Prüfer durchaus auch sinnvolle Förderungen dabei: 130 Millionen etwa beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm oder 200 Millionen für das Grünlandmilchprogramm! Hier wurde der Rot-Stift zu unrecht angesetzt! Zuletzt noch zu einer Fördermassnahme, die obgleich sehr niedrig, doch die volle Zuneigung durch Berlin verdient hat: Der Deutsche Pflügerat erhält jährlich 3.000 € an Steuergelder für das Abhalten eines Wettpflügens. In Anbetracht dessen könnte doch der Brotpreis etwas gesenkt werden, oder? Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 15 KW 17 | 27.04.2011 |
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