Der Streit um den Staatshaushalt der Vereinigten Staaten hätte US-Präsidenten Barack Obama beinahe das Genick gebrochen. Eigentlich hätte das Budget für das laufende Jahr schon längst beschlossen sein sollen. Doch stellten sich die Republikaner im Repräsentantenhaus des Kongresses quer! Es sah nach einer gewaltigen Schlappe für jenen Mann aus, der eigentlich während seiner Amtszeit Brücken bauen wollte. So holte er beispielsweise seine schärfste Konkurrentin aus dem Kreis der Demokraten, Hillary Clinton ebenso ins Regierungsboot wie die Republikaner Robert Gates (Verteidigungsminister), John McHugh (Heeresminister) und Ray Lahood (Verkehrsminister). Obama wollte die fähigsten Köpfe im Kabinett haben - auch über die Parteigrenzen hinweg. Er selbst sollte eigentlich nur als Moderator agieren. Doch da hat sich der Mr. President offenbar getäuscht. Obamas Demokraten haben bei den letzten Wahlen im Repräsentantenhaus die Mehrheit verloren und die Republikaner denken gar nicht daran, dies nicht auszunutzen. Die erste Krise begann, als Obama sein Gesundheitssystem durchdrücken wollte. Die nächste Krise scheint um Haaresbreite beigelegt: Der Haushalt 2011. Wäre es nicht zu einer Einigung gekommen, wäre die Regierung Obama seit Samstag 00.00 Uhr zahlungsunfähig. 800.000 der etwa 2 Millionen Verwaltungsbeamte wären in den Zwangsurlaub geschickt worden und hätten ebenso wenig Geld bekommen wie die vielen US-Soldaten, die in den Krisengebieten dieser Welt ihr Leben riskieren. Die Kongressabgeordneten hingegen hätten nach wie vor ihren Gehaltsscheck erhalten! Rund eine Woche lang lieferten sich die verantwortlichen Politiker einen erbitterten Kampf bis auf's Blut. Schliesslich ging es um 38,5 Milliarden Dollar an Einsparungen - die grösste Ausgabenkürzung in der US-amerikanischen Geschichte. Die Demokraten wollten weniger streichen (34 Milliarden), die Republikaner den Rotstift mit 61 Milliarden noch weitaus höher ansetzen. Das Zünglein an der Waage waren am Freitag gerade noch 5 Milliarden Dollar - nicht mal ein Prozent des US-Haushalts von insgesamt 3,7 Billionen. Eine Brückenfinanzierung soll jetzt die Zahlungsfähigkeit der Regierung garantieren, bis der Kongress den Haushalt abgesegnet hat. Bereits bis Ende dieser Woche sollen die ersten 2 Milliarden Dollar gekürzt werden. Barack Obama hielt sich lange Zeit in dieser Diskussion zurück. Dreimal hatte er die Spitzenvertreter des Kongresses zu Debatten ins Weisse Haus geladen. Bis Freitag vormittag erwartete er sich eine Antwort - doch die kam nicht! Jetzt wird spekuliert: Was steckt hinter dieser Passivität Obamas? Seine Vorgänger (allen voran Lyndon B. Johnson, der die Streitparteien ähnlich der Konklave bei der Papstwahl eingesperrt hatte, bis eine Einigung erzielt wurde) liessen bei einer solche Krise nicht locker, bis sie mit einer Lösung vor die Kameras treten konnten. 2012 finden erneut Präsidentschaftswahlen statt. Wollte Obama diese bereits insofern einläuten, als er aufzeigte, dass die Republikaner verantwortlich dafür sind, dass die Regierung beinahe regierungsunfähig wurde? So bereits Mitte der 90er Jahre geschehen, als das Kabinett beim "Government Shutdown" zum Jahreswechsel 95/96 wochenlang blockiert wurde. Der Demokrat Bil Clinton jedoch ging aus diesem Machtkampf gegen seinen politischen Gegner Newt Gingrich als Sieger hervor. Doch dies verhinderte dieses Mal der republikanische Sprecher John Boehner. Er spielte auch in der eigenen Partei Mediator und zwang die Demokraten zu immer neuen Kompromissen. Dies alles wäre erspart geblieben, wenn die Demokraten vor den Kongresswahlen im vergangenen Jahr das Budget durchgedrückt hätten - da hatten Sie noch in beiden Kammern über eine Mehrheit verfügt. Die Einigung wird auf beiden Seiten als Erfolg gefeiert. Obama jubelt, dass Amerikaner mit unterschiedlichen Ansichten zusammengefunden hätten. Sein Kontrahent Boehner betont, dass durch die jetzt getroffenen Entscheidungen im kommenden Jahrzehnt bis zu 500 Milliarden Dollar eingespart werden können. Die richtig grossen Hürden aber hat der Präsident noch zu meistern. Einerseits geht es um das Budget 2012, das noch heuer beschlossen werden sollte. Nachdem der Haushalt in den letzten Jahren um jeweils neun bis zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes überzogen wurde, ein durchaus grosser Verhandlungsbrocken. Andererseits muss die Schuldengrenze der USA angehoben werden (das Haushaltsdefizit beläuft sich in diesem Jahr auf 1,6 Billionen Dollar). In beiden Punkten haben die Republikaner bereits grossen Widerstand angekündigt. Sie wollen die eingesparten Gelder für Steuersenkungen aufbringen. Dies verschafft ihnen zwar wieder den Zuspruch der Bevölkerung, jedoch werden dadurch die Staatsschulden der Vereinigten Staaten nicht geringer. Finanz- und Wirtschaftsexperten sprechen derzeit von Kinkerlitzchen. Das Land steuere auf eine Finanzkrise zu, wenn nicht sofort gravierende Einschnitte gemacht werden. Inzwischen wurde bekannt, dass der ehemalige Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty seine Chancen als erster Kandidat der Republikaner bei den Präsidentschaftswahlen durchchecken lässt. Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 13 KW 15 | 13.04.2011 |
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