Die CDU hat zwei riesige Brocken auf dem Weg zurückgelassen, die nun durch die neue Regierung im "Ländle" weggeräumt werden müssen: Stuttgart 21 und der Rückkauf der französischen Anteile an der EnBW! Während bei zweiterem die beiden Koalitionspartner grundsätzlich einer Meinung sind und gemeinsam auf ihre Vorgänger schimpfen, sind die Positionen beim Bahnprojekt sehr weit auseinander gesteckt. Doch soll die Koalition für die politische Zukunft gebaut werden. Dabei kann man solche Grundsteine nicht wirklich gebrauchen. Deshalb wird das Volk über die Zukunft der Milliarden-Baustelle entscheiden. Es ist Chefsache - der Arbeitsgrupe Stuttgart 21 gehören im Rahmen der Koalitionsgespräche neben dem designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) auch sein Stellvertreter Nils Schmid (SPD) an. Doch sehr rasch wurde klar, dass keine Einigung erzielt werden kann. Schmidt meinte vor Medienvertreter: "Wir sind uns einig, dass wir uneinig sind!" Der Spielball liegt nun vorerst bei der Deutschen Bahn. Dort wird derzeit fieberhaft an einer Computersimulation zum geplanten Bahnhofsbetrieb gearbeitet ("Stresstest" der Bahn). Diese sollte nicht vor Ende Juni bzw. Juli fertiggestellt sein. Danach wird eine Volksabstimmung über die Zukunft von Stuttgart 21 entscheiden. Diese muss nach den Vorgaben der baden-württembergischen Verfassung mit einem hohen Quorum erfolgen, d.h. eine einfache Mehrheit ist nicht ausreichend. Die Nein-Stimmen müssten von zumindest einem Drittel der Wahlberechtigten des Landes kommen. Dies ist als unrealistisch zu bewerten. Somit stünde der Weiterbau des Projektes bereits vor der Abstimmung schon fest - ganz gegen das Interesse der Grünen, die sich für dessen Einstellung stark machen. Die SPD hingegen blickt dem Volksvotum gelassen entgegen, hätte sie sich doch durchgesetzt, ohne dadurch die neue politische Bruderschaft zu gefährden. Bis zum Vorliegen des Stresstestes stehen die Arbeiten vorerst still. Entgegen der Pläne der Bahn. Dort hatte man nach dem Wahlsonntag die Arbeiten unterbrochen - es sollte vorerst die Wahl des neuen Ministerpräsidenten am 12. Mai abgewartet werden. Doch meinten Kretschmann und Schmidt unisono, dass die Bahn bis zu diesem neuen Zeitpunkt keine weiteren Fakten präsentieren solle - das kommt einem Baustopp gleich. Inzwischen hoffen die Verantwortlichen bei den Grünen offenbar auf einen freiwilligen Rückzug der Deutschen Bahn aus dem Projekt, bedingt durch die Vorgaben aus der vorangegangenen Schlichtung und dem jetzt simulierten Stresstest. Die Grünen rechnen mit einem Aufwand von rund 4,5 Milliarden Euro (um etwa 400 Mio € mehr als bei der Bahn veranschlagt) - ab dieser Summe wäre das Projekt "tot". Doch hier ist offenbar die Rechnung ohne den Wirt gemacht worden. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube droht mit einer Regressforderung in Milliardenhöhe, sollte das Projekt doch noch durch die neue Landesregierung gekippt werden. Schliesslich könnten die vom Bund und dem Land vorgesehenen Gelder nicht einfach in ein Alternativprojekt oder die Sanierung des Kopfbahnhofes investiert werden - sie seien langfristig verplant. Daneben gebe es mit dem Land Baden-Württemberg wasserdichte Verträge. Sollten diese von politischer Seite her nicht eingehalten werden, wird die Bahn 1,5 Milliarden Euro an Forderungen einbringen, so Grube. Doch er rechnet "mit 100 %iger Sicherheit", dass der neue Bahnhof kommen wird (Grube gegenüber der BamS). Die weiteren Koalitionsverhandlungen zwischen den Grünen und der SPD laufen ansonsten nach Plan, da in den meisten anderen Themen Konsensbereitschaft herrscht. Damit sollten auch die weiteren Termine durchwegs eingehalten werden können. Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 13 KW 15 | 13.04.2011 |
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