Er war beliebt, wie kein Zweiter - nicht nur in seinem eigenen Ressort (der einleitende Satz stammt von einer Soldatin aus Regensburg gegenüber Antenne Bayern). Seine Popularitätswerte liessen jene seiner Kabinettskollegen, ja auch der Bundeskanzlerin, weit hinter sich - die Oppositionspolitiker können auch heute noch von einer solchen Sympathiebekundung aus der Bevölkerung träumen: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war kein normaler Politiker! Er war das, was wohl jede Partei sucht, allerdings nur rund alle zehn bis fünfzehn Jahren findet: Eine Persönlichkeit! Ein Mann, der trotz seiner adeligen Herkunft volksverbunden ist. So zeigte sich der Verteidigungsminister immer gerne unter seinen Soldaten, schüttelte dabei nicht nur den Generälen seines Stabes die Hand, sondern auch der kleinen Rekrutin. Er sprach mit ihnen, hatte immer ein offenes Ohr für deren Probleme. Mit ziemlicher Sicherheit ist es auch diesem Umstand zu verdanken, dass die letzten Bundeswehr-Skandale an die Öffentlichkeit kamen. Dies liess die Mehrzahl der Militärs zu ihm aufschauen - und das obwohl er die grösste Bundeswehr-Reform seit deren Bestehen in Angriff genommen hat! "KT" war sicherlich auch deshalb in der Bevölkerung so gern gesehen, da er für Werte stand. Ein Politiker mit Handschlag-Qualität! Ausgerechnet der Widerspruch hierzu hat ihm den Kopf gekostet. Jener Mann, der der Ethik und Moral in seinen Reden so viel Platz einräumte, ausgerechnet dieser stolpert über einen Stein, der grösser gar nicht hätte sein können: Eine nachgeschriebene Doktorarbeit! Dies vergraulte sehr vieler seiner Anhänger, denn schliesslich publizierte er die Arbeit im Jahr 2007 - zu einem Zeitpunkt also, zu welchem er bereits als Abgeordneter der CSU im Bundestag sass und in seiner Partei keine unwesentlichen Posten inne hatte. Ganz Deutschland stellt sich nun die Frage, wieso ein Mann der Öffentlichkeit einen solchen kapitalen Fehler machen kann (ob vorsätzlich oder nicht gilt es noch zu klären)! Schliesslich wird jeder Politiker von seinen Gegnern genauestens durchleuchtet. V.a. dann, wenn er sich (so wie zuletzt zu Guttenberg) auf der Überholspur befindet. Es war dieser alles entscheidende 01. März 2011, als mit dem Rücktritt des Franken auch die Grundfeste der CDU/CSU-Koalition erschüttert wurden. SPD, Grüne und auch die Linke hatten der obersten Frau im Staate, Angela Merkel vorgeworfen, durch ihr Festhaltenan zu Guttenberg die Glaubwürdigkeit der Politik beschädigt zu haben. Sie kämpft nun mit zweierlei Problemen: War die Wahl Thomas de Maizièrs zum Verteidigungsminister eine gute Entscheidung? Schliesslich muss er die von zu Guttenberg begonnene Arbeit fertigstellen. Andererseits hat die Union seit Merkels Kanzlerschaft in der Gunst der Wähler stark verloren. Nicht nur die Symapthiewerte sind am Boden - auch Wahlen werden seither entweder verloren oder nurmehr hauchdünn gewonnen. Die letzte Schlappe, die Bürgerschaftswahlen von Hamburg, liegt noch schwer im Magen - der Wahlkampf in Baden Württemberg (der nächsten Entscheidung Ende März) tobt bereits in voller Stärke. Weitere 7 Wahlen stehen heuer noch bevor. Zu Guttenberg war ein Sympathienfänger. Unvergessen sein Auftritt bei "Wetten, dass..." als er gezeigt hat: "Hallo, hier bin ich - ein Politiker vom neuen Schlag! Für die Gegenwart UND die Zukunft!" Dieser Mann war für die Union Gold wert. Und nun ist er weg! Nur kurz nach seinem Rücktritt wurde bereits offen über ein Comeback zu Guttenbergs gesprochen. Als erster meldete sich Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer zu Wort. Er bezeichnet zu Guttenberg als einen der Seinen und das werde dieser auch immer bleiben. Er selbst bringt den Stein ins Rollen: In Bayern steht eine Kabinettumbildung an. Seehofer möchte beide Ämter (Parteivorsitzender und erster Mann im Freistaat) nicht mehr in Personalunion bewältigen. Da kommt ihm das "grösste Talent der CSU" durchaus recht, auch wenn er bislang in zu Guttenberg eher einen Konkurrenten um blau-weissen Thron sah. Auch die CSU hat seit dem Tod ihrer Vaterfigur Franz Josef Strauss nurmehr an Sympathiewerten verloren. Aus der ehemaligen bayrischen "Einheitspartei" ist nun eine Partei geworden, die es gerade noch mit Müh' und Not schafft, die absolute Mehrheit zu erringen. Sollte zu Guttenberg somit erneut im Freistaat sein künftiges Betätigungsfeld finden? Oder wird er dem Angebot Angela Merkels wieder folgen, die betonte, dass die Tür für "KT" immer offen stehe! Geoutet hat er sich - jetzt muss erst mal Gras über die Sache wachsen, die Anzeigen und Ermittlungen gegen ihn zum Guten hin abgewendet werden. Dann kräht kein Hahn mehr ob des adeligen Doktortitels!!! Wie schrieb doch ein Facebook-Poster auf der FB-Seite "Wir wollen Guttenberg zurück": "Ein zu Guttenberg tritt nicht zurück - er nimmt Anlauf!" Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 8 KW10 | 09.03.2011 |
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