Bundeswehr - Der große Zapfenstreich | 02.11.2011 |
Bundesverteidigungsminister de Maizière meinte zuletzt: " Der Sack ist zu!", was so viel bedeutet wie "Daran gibt es nichts mehr zu rütteln!" So manchem altgedienten Militär blutet angesichts dieser Pläne das Herz. Ein General a.D. meinte beispielsweise gegenüber der Bild-Zeitung: "Die Politik muss mit ihren Soldaten anders umgehen!" Manche Entscheidung entbehre jeglicher funktionaler Begründung - sie sei rein politisch motiviert! Und so ganz geht wohl der Plan des freiwilligen Berufsheeres auch nicht auf. Die ersten Freiwilligen traten am 04. Juli des Jahres ihren Dienst an - sie wurde vom Verteidigungsminister höchstpersönlich begrüßt. Doch viele der Rekruten haben inzwischen wieder den Dienst quittiert. Wenn das Schule macht, müssen noch wesentlich mehr Standorte geschlossen werden, da die Bundeswehr dann überaltert und sich selbst ausdünnt! Apropos Handschlag: Den altgedienten Soldaten soll mit einem "goldenen Handschlag" der vorzeitige Abschied warm gemacht werden: Mit einer Abfertigung in fünf- bis sechsstelliger Höhe. Bis 2015 rechnet man mit entsprechenden Ausgaben für solche Abfindungen oder Neustarthilfen bzw. Prämien und Treue-Boni in der Höhe von rund 1 Milliarde €!
Das nördlichste Bundesland ist auch jenes mit der größten Bundeswehrdichte in Deutschland: Von derzeit 19.000 militärischen und 7.000 zivilen Dienstposten sollen fast 11.000 gestrichen werden. Acht Standorte werden dicht gemacht - so wird der Marinearsenalbetrieb ebenso wie das 4. Minensuchgeschwader, das Wehrbereichskommando und das Kreiswehrersatzamt komplett aufgelöst, andere Truppenkörper empfindlich verkleinert oder verlegt. So etwa das Flottenkommando Marine 600 aus Glücksburg nach Rostock. Der weiße Prachtsegler, das Segelschulschiff Gorch Fock bleibt gottlob dem Heimathafen Kiel erhalten. Damit löst Mecklenburg-Vorpommern in weiterer Folge Schleswig-Holstein ab.
Die Stimmung in der Truppe und der Bevölkerung v.a. jener von Noch-Garnisonsstädten ist am Boden. Deutschlandweit fallen in diesem Zusammenhang immer wieder die Worte "Katastrophe", "schmerzlicher Eingriff", "trauriger Tag" oder "ungeheuerlicher Vorgang" (der SPD-Bürgermeister von Schwanewede, Harald Stehnken). Manche Gewerbetreibende sprechen gar von einer Existenzgefährdung, wenn die Soldaten und ihre Kaufkraft abrücken. In der kleinen Stadt Lütjenburg/SH soll es zu Protestaktionen kommen, an welchen sich auch der Pfarrer beteiligen wird. Hier machen die Soldaten ebenfalls rund ein Siebtel der Gesamtbevölkerung aus. Immer mehr Regional- und Lokalpolitiker fordern deshalb millionenschwere Ausgleichszahlungen des Bundes.
Am bittersten aber trifft die
Schließungswelle Schleswig-Holstein.
In Berlin gibt man sich freilich zugeknöpft.
Millionen-Einbußen für die Hersteller
Doch wird künftig nicht nur beim Personal eingespart: 37 Eurofighter, 40 Tiger-Kampfhubschrauber und 42 Transporthubschrauber NH-90 wurden wieder abbestellt, der Bedarf an Puma-Schützenpanzer um 60 auf 350 nach unten korrigiert, die Kampfpanzer Leopard II um 125 Stück reduziert. Millionen-Einbußen für die Hersteller - die deshalb sicherlich ebenfalls die Zügel fester in die Hand nehmen müssen. Insgesamt sollen heuer rund 600 Millionen €, 2014 gar 1,3 Milliarden im Verteidigungsressort eingespart werden.
In Berlin versucht inzwischen ein Arbeitskollege de Maizières die aufgebrachte Volksmeute zu besänftigen und die Last von den Schultern seines Koalitions-Kollegen zu nehmen: Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) spricht von Grundstücken in bester Lage - im Politiker-Deutsch: Konversionsflächen - die mannigfaltig genutzt werden können. Nun sind die Städteplaner gefordert, hier ein ausgeglichenes Maß an Wohn- und Gewerbeflächen zu erstellen. Der Bund schießt hierbei alleine im laufenden Jahr etwa 50,4 Millionen € zu. Trotzdem - in Schleswig-Holstein finden im kommenden Jahr Landtagswahlen statt. Derzeit wird das Land von Peter Harry Carstensen (CDU) regiert! Beeinflusst damit erneut eine Entscheidung Berlins mit äußerst unpopulären Folgewirkungen eine Regionalwahl??? Von anderer Seite hingegen ist zu vernehmen, dass de Maizière endlich das umsetzt, von welchem seine Vorgänger nur gesprochen haben. Für die Sozialpolitik und im Besonderen die Beschäftigungspolitik sei die Bundeswehr nicht zuständig.
Ulrich Stock
|