Wahlen 2011 - Debakel für die FDP | 19.09.2011 |
Als zweites Zugpferd mit Siegesambitionen hingegen schickten die Grünen Renate Künast ins Rennen. Mit dem unheimlichen Rückenwind aus den vorhergehenden, diesjährigen Wahlen galt sie als größte Konkurrentin des SPD-Mannes Wowereit. Doch - während dieser einen Emotionen-Wahlkampf führte - ging es der grünen Politikerin um die Inhalte. Und hier konnte sie kein gewinnbringendes Thema finden. Anders als bei Ihren Partei-Kollegen aus den anderen Ländern fehlte nun auch der Fukushima-Effekt. Ihre Sympathiewerte fielen bei den Umfragen immer mehr zurück (von beinahe 30 auf unter 20 %). Eines zeigte Künast aber klar auf: Eine Koalition mit der CDU wird es nicht geben! Ob sie als Wowereits Stellvertreterin agieren wird, kann wohl auch angezweifelt werden. Dies betonte sie etwa in dem Ausspruch, dass sie wieder in die Bundespolitik zurückkehren werde, wenn sie den heißbegehrten Schreibtisch im Roten Rathaus mit dem markanten 74 m hohen Turm verfehlen wird. Nun wurden zwar Stimmen dazugewonnen, doch verfehlte Künast klar ihr Ziel. Trotzdem gilt inzwischen eine rot-grüne Koalition als höchstwahrscheinlich.
Schluss, aus und vorbei - die Liberalen verpassen unter ihrem Spitzenkandidaten Christoph Meyer den Einzug in einen Landtag. Dies ließen bereits die Umfragewerte vor dem Urnengang vermuten. Die Wahlkampfabschlussveranstaltung fand direkt in der Parteizentrale statt - sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch der Versuch, mit der Euro-Missstimmung noch die Kurve zu kratzen, schlug fehl. Zu Groß sind die Narben aus der Bundespolitik. Dort müssen sich Rösler & Co. nun recht schnell überlegen, wie dieses Feuer am Dach gelöscht werden kann. Aus dem Koalitionspartner auf Bundesebene wird eine Splitterpartei in den Ländern!
Ähnliches Bild auch bei der Linken. Der bisherige Koalitionspartner der SPD im Berliner Rathaus musste gleichfalls Einbußen hinnehmen. Harald Wolf, bisheriger Wirtschaftssenator und Spitzenkandidat der Linken, sucht sich bereits ein anderes Büro. Denkbar, dass die parteiinterne Mauerdiskussion in der Hauptstadt keineswegs gut ankam.
Die eigentlichen Wahlsieger aber sind die Piraten! Mit Forderungen wie kostenloser Personennahverkehr bzw. Gratis-Wireless-LAN-Internetzugang konnten der Industrieelektroniker Andreas Baum und seine Helfershelfer punkten. Sie sammelten alle Proteststimmen zusammen, schadeten dadurch vornehmlich den Grünen sowie der Linken und zogen erstmals in den Senat ein. Über die "Rauschkunde im Unterricht" oder einem "bedingungslosen Grundeinkommen" (ebenfalls Punkte aus dem Wahlprogramm der Piraten) muss nicht wirklich gestritten werden. Trotzdem: Zumeist junge und gebildete Männer setzten bei den Piraten ihr Kreuz! Eine Partei mit Zukunft?
Rot-grün oder rot-schwarz - wie auch immer die künftige Berliner Stadtregierung aussehen wird, auch in der Legislaturperiode Wowereit 3 sind die Probleme dieselben geblieben. Schule, Arbeitslosigkeit, Schulden und die Integration. Letzteres wurde auch im Wahlkampf vom Herrn Bürgermeister kaum angesprochen, ist jedoch in der Diskussion über eine Parallelgesellschaft ein ernstzunehmendes Kapitel im Roten Rathaus
Ergebnisse der Wahlen 2011 zum Berliner Abgeordnetenhaus:
SPD 28,3 % (-2,5) 48 Mandate
CDU 23,4 % (+2,1) 39 Mandate
Grüne/Bündnis 90 17,6 % (+4,5) 30 Mandate
Die Linke 11,7 % (-1,7) 20 Mandate
Die Piraten 8,9 % (+8,9) 15 Mandate
FDP 1,8 % (-5,8)
Ulrich Stock
Die eigentlichen Wahlsieger sind die Piraten
"Eine Koalition mit der CDU wird es nicht geben!"
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