Weshalb die deutsche Bundeskanzlerin beim Staatsbankett im Weissen Haus Rotwein bevorzugte, ihr Kollege Barack Obama allerdings zum Weisswein-Glas griff, dürfte mit persönlichen Vorlieben zu tun haben - ist somit keineswegs historisch begründet! Dieses hochoffizielle feierliche Abendessen war der Höhepunkt der USA-Reise Merkels. Vor 250 geladenen Gästen überreichte ihr der US-amerikanische Präsident Barack Obama im Rosengarten seiner Residenz die US-Freiheitsmedaille. Diese höchste zivile Auszeichnung sollte die Kanzlerin als "eloquente Stimme für Menschenrechte und Würde weltweit" ehren! Im Gefolge Merkels war an diesem Abend beinahe die komplette Bundesregierung, aber auch US-Auslandsdeutsche, wie Showmaster Thomas Gottschalk oder Ex-Fussball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann. Doch war dieser zweitägige Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten nicht wirklich ein Honigschlecken, bei welchem - wie zu Zeiten Helmut Kohls üblich - Friede, Freude, Eierkuchen gefeiert wurde. Am Vortag trafen sich Merkel und Obama zu sehr intensiven bilateralen Gesprächen. Schliesslich kam es zuletzt in der Libyen-Krise, aber auch bei wirtschaftlichen Problemstellungen immer wieder zu unterschiedlichen Meinungen. Doch die ansonsten ungetrübte Zusammenarbeit bei politischen Projekten ist sehr selten geworden. Ebenso rar übrigens wie sich der US-Präsident in Berlin macht. Schon zweimal in Deutschland, führten seine Wege nicht an das Brandenburger Tor. Dies führt zur Überlegung, ob denn das zwischenstaatliche Verhältnis von seiner Seite aus derzeit etwas getrübt ist. Merkel war bereits sechs Mal auf Obama-Besuch in Washington. Hier gilt es von amerikanischer Seite her, einiges an Boden wieder wettzumachen. Dies hat Obama auch insofern versucht, als er sich wirklich zwei Tage für den Besuch aus Deutschland freigemacht hat. Und schon bei der Begrüssung bemühte er sich, das Eis sofort zu brechen: "Liebe Angela, wir beide sehen nicht so aus wie unsere Vorgänger. Dass wir hier stehen, als Präsident und Kanzlerin, zeigt, dass Fortschritt und Freiheit möglich sind!" Ausserdem gab's ein geheimes französisches Abendessen im "1789" - einer exzellenten Adresse in Georgetown, dem Universitätsviertel Washingtons. Im Vergleich dazu musste sich vor einem Jahr der russische Präsident Dmitrij Medwedjew mit Cheesburger und Pommes in einem Fast Food-Lokal zufrieden geben. Bei den Gesprächen kommen dann allerdings beide sehr rasch auf den Punkt: Deutschland, das sich bei der Libyen-Intervention des UNO-Weltsicherheitsrates nicht beteiligt hat, soll nun helfen, die Trümmer zu beseitigen und beim Wiederaufbau tätig werden. Merkel hingegen attestiert weniger Interesse der USA an Europa - was sehr wohl auch positiv aufzeige, dass es offenbar keine Krisen mehr auf dem Alten Kontinent gebe. Doch solle es künftighin wieder ein "gemeinsam" geben: Eine gemeinsame Abhängigkeit in der Wirtschafts- und Aussenpolitik! So beispielsweise auch in der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft TEC. Geflügelte Worte - sehr wohl - doch für detaillierte Informationen ist es dann doch etwas zu früh. Schliesslich hat sich einiges auf diesem Globus getan! Das "Sagen" muss nun diplomatisch austariert werden, im Kreise der G20. Und hier eine Einheit zu finden, wird zusehends schwerer, da vor allem jene Staaten, die die G8 erweitert haben, grundsätzlich andere Vorstellungen haben als die westlichen Industrieländer. Dies zeigt sich aktuell v.a. in der Nachbesetzung der IWF-Chefs. Hier wollen Indien und auch Mexiko ein schwergewichtiges Wort mitreden. Apropos - neue, mächtige Staaten: Vielleicht ist es ja gerade dies, was das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA etwas leiden lässt! Beide Staaten wollen beim Fortschritt dieser Länder dabei sein, die, nachdem sie nun flügge geworden sind, immer weiter und höher fliegen. Neue Partnerschaften mit dem Ziel der engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit, werden geschlossen. Schliesslich will Merkel den reichen Indern Mercedes verkaufen, während Obama die amerikanischen Chevrolets anpreist. Doch Barack Obama befindet sich bereits im Präsidentschafts-Wahlkampf. Sein Strategenteam steht, derzeit werden die notwendigen Vorarbeiten absolviert, um auch die Wähler mit Migranten-Hintergrund für sich zu gewinnen (Irland- und Polenbesuch beispielsweise). Das kann er noch als US-Präsident in Form von offiziellen Staatsbesuchen erledigen. Ab dem 01. Januar 2012 ist dies dann offizieller Wahlkampf. Die Friedensmedaille ("Presidential Medal Of Freedom") wurde 1945 erstmals durch Präsident Harry Truman für verdienstvolle Zivilisten verliehen, die im Zweiten Weltkrieg aussergewöhnliche Leistungen erbracht haben. In dieser Form wird die Medaille seit 1963 für besondere Arbeit im Bereich der "Sicherheit oder das nationale Interesse der USA, den Weltfrieden und kulturelle oder andere bedeutsame öffentliche Belange" vergeben. So erhielten in Folge auch Marlene Dietrich und Helmut Kohl diese Auszeichnung. Die Ehre eines Staatsbanketts wurde allerdings während der bisherigen Amtszeit Obamas nur den Präsidenten von China, Indien und Mexiko zuteil. Bei Helmut Kohl hingegen war dies selbstverständlich. Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 19 KW 24 | 16.06.2011 |
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