Zahlreiche Finanzexperten erwarten für das Jahr 2011 ein hohes Steuereinkommen für den Bund, die Länder und auch die Kommunen. So veröffentlichte beispielsweise das Forschungsinstitut RWI eine Schätzung, wonach die deutschen Steuerzahler 2011 ca. 14 Milliarden mehr an die Finanzämter überweisen werden als noch Ende letzten Jahres prognostiziert. Gründe dafür seine laut den Experten in der guten Konjunkturlage und in Steuerrechtsänderungen zu sehen. Trotz der guten Zahlen warnen nicht nur die Forschungsinstitute davor, die Mehreinnahmen in Form von Steuersenkungen an die Steuerzahler zurückzugeben. Vielmehr sollte ihnen zufolge der Spar- und Konsolidierungskurs weiter beibehalten werden. Denn obgleich der auch für 2012 geschätzten Mehreinnahmen sei die Kluft zwischen Staatseinnahmen- und Ausgaben immer noch zu groß, als dass zu diesem Zeitpunkt Steuergeschenke gemacht werden sollten.
Kein Raum für Rentenbeitragssenkung trotz guter Konjunktur Auch mit Hinblick auf diese guten Aussichten, wie auch mit steigenden Auftragseingängen im Maschinenbau und anziehenden Verkaufszahlen der PKW in Deutschland im Rücken, fordert Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, dass die Bürger und Unternehmen an diesem Aufschwung partizipieren sollten. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise den Rentenbeitrag geringfügig zu reduzieren, bis 2013 gar auf 19,5 Prozent und damit um 0,4 Prozentpunkte im Gegensatz zum aktuellen Rentenbeitragssatz. Das Arbeitsministerium indes zeigt sich ob solcher Forderungen (noch) zurückhaltend. Diese Skepsis könnte weiteren Zündstoff in den von der europäischen Statistikbehörde Eurostat veröffentlichten Zahlen zur Teuerung der Erzeugerpreise der Industrie in der Eurozone im März. Der Anstieg um 0,7% sei vor allem den hohen Energiepreisen geschuldet. Ebenso im Anstieg begriffen sind laut Statistikbehörde Eurostat auch die Lebenshaltungskosten in der Eurozone. Diese erhöhtem sich im April um 2,8% im Vergleich zum Vorjahr. Es droht also die Gefahr, dass sich trotz guter Konjunktur und sinkenden Arbeitslosenzahlen die hohen Preise letztlich als Konjunkturbremse erweisen könnten. Sobald die Unternehmen nämlich trotz Mehreinnahmen die erhöhten Preise, die sie ihrerseits für die Fertigung ihrer Güter zahlen müssen, an die Endverbraucher weitergeben, werden diese - auch als Arbeitnehmer - höhere Löhne fordern, während gleichzeitig ihre Kaufkraft sinkt. Höhere Löhne würden die Unternehmen wiederum dazu veranlassen können, diese Mehrausgaben durch die Forderungen nach Steuersenkungen oder aber durch Verlagerung von Produktionsstätten ins günstigere Ausland zu kompensieren. Der Verlust von Arbeitsplätzen könnte die Folge sein.
Leitzinssenkung und Industrie Um also der Teuerung auch als Folge der Weitergabe höherer Erzeugerpreise seitens der Industrie an die Endverbraucher zu kompensieren, könnte sich die EZB zu einer weiteren Zinserhöhung im Juni entschließen. Dies würde den Euro stärken, ihn und damit auch die in Euro geführten Preise für Industrieerzeugnisse aber auch teurer machen für die Nationen, welche beispielsweise Maschinen und PKW aus Deutschland kaufen. Die Konsequenz könnten Auftragseinbrüche sein. Zu diesem Bild passt der Ende April von der Europäischen Kommission veröffentlichte Sammelindex zur Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung. Dieser Messwert verschlechterte sich im März um 1,1 Punkte und sank damit auf einen Wert von auf 106,2 Zählern. Dennoch liegt er weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Marcello Buzzanca |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 16 KW 18 | 04.05.2011 |
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