Zitieren mit "Anführungszeichen" und Quellenangabe hingegen ist erlaubt! Hierfür gibt es in wissenschaftlichen Werken die Fussnoten bzw. das Literaturverzeichnis (zumeist auf den letzten Seiten eines Buches zu finden). Dies lernt ein Kommilitone auch auf der Universität, muss er doch zahlreiche Seminar- und Proseminar-Arbeiten schreiben. Somit müsste eigentlich davon ausgegangen werden, dass dies bis zur Dissertation (der "Doktorarbeit") ausreichend beherrscht wird. Denn neben der Examensarbeit (auch Diplom- oder Magisterarbeit), die als Abschluss des Studiums geschrieben werden muss, ist die Dissertation die erste eigenständig veröffentlichte Publikation eines Akademikers. Dabei kann - muss aber nicht - ein Professor beratend zur Seite stehen. Diese Doktorarbeit soll aufzeigen, dass der Doktorant in der Lage ist, selbständig arbeitend wissenschaftliche Themen aufzugreifen, somit also "zu forschen". Sehr viele jdoch haben dies offenbar falsch verstanden und aus anderen Publikationen abgeschrieben - das versteht man unter einem "Plagiat", das zumeist zur Aberkennung der Doktorwürde führt! Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verfasste seine Arbeit im Jahre 2007 an der Universität Bayreuth zum Thema "Verfassung und Verfassungsvertrag: Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU". Betreut wurde er dabei von Univ.-Prof. Peter Häberle. Dieser Tage veröffentlichte der Bremer Rechtswissenschafter Andreas Fischer-Lescano in der Zeitschrift "Kritische Justiz" eine Rezension zu diesem Werk, die beinahe von der politischen Opposition zu Guttenbergs stammen könnte. Diesem wird nämlich vorgeworfen, dass mehrere Passagen wortwörtlich oder nur gering überarbeitet aus anderen Werken übernommen worden sind. Fischer-Lescano bezweifelt, dass die Arbeit wissenschaftlichen Mindeststandarts entspreche. Bei den Ermittlungen unterstützt wurde dieser von dem Frankfurter Europarechtler Felix Hanschmann. Beide betonen, dass es ein Zufallstreffer gewesen sei. Bei Recherchen seien sie über einen Satz gestolpert, der ihnen bekannt vorgekommen wäre. Rein wissenschaftlich, in keinster Weise politisches Interesse soll des Übels Ursache sein! Barbara Zehnpfennig, Politikwissenschafterin und derzeitige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des politischen Denkens aus Passau, schäumt vor Wut - sie fordert die sofortige Aberkennung des Guttenberg'schen Doktortitels. Von ihr sollen Teile der Einleitung stammen. Insgesamt handelt es sich um 20 Textpassagen (FAZ.net) - auch ein kompletter Absatz aus der NZZ (Neue Zürcher Zeitung am Sonntag) soll ohne Kennzeichnung übernommen worden sein! Zu Guttenberg weist alle Vorwürfe als "abstrus" zurück - er habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Mögliche Fehler im Bereich der Fussnoten sind allerdings nicht ganz auszuschliessen! Nach einem Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wird er jedoch vorerst auf die Doktorwürde verzichten, bis in Bayreuth ein Ergebnis vorliege. In der CSU wird inzwischen von einer "Schmutzkampagne" gegen den Franken gesprochen. Unionspartner CDU bezeichnet es als "lächerlich", schliesslich sei die Arbeit von einem der führenden deutschen Verfassungsrechtler abgenommen worden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert Zurückhaltung ein. "Die Plagiatsvorwürfe gegen den Verteidigungsminister sollten ganz in Ruhe aufgeklärt werden!", meinte sie zuletzt gegenüber des Hamburger Abendblattes. Vonseiten der SPD hingegen heisst es, dass - sollten sich die Vorwürfe tatsächlich bewahrheiten - der Minister seine Glaubwürdigkeit verloren habe und zurücktreten müsse. Gerade in einem Bereich, in welchem es "in hohem Maße auf Vertrauen ankommt" sei dieser nicht mehr statthaft (SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold zur Mitteldeutschen Zeitung). Karl-Theodor zu Guttenberg stieg innerhalb nur ganz kurzer Zeit in der Bundespolitik nach ganz oben auf. Heute gilt er als möglicher Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel. Er führt in den Beliebtheitswerten der deutschen Politiker mit grossem Vorsprung auf seine Kollegen. Ein solcher Werdegang schafft natürlich Feinde - gerade in der Politik sind solche Menschen für die Gegnerschaft gefährlich. Deshalb wird immer wieder Drecksarbeit gemacht, um das Treiben dieser Persönlichkeiten ich Schach zu halten. Soweit auch die FAZ: "Der junge Held wurde - nur zum Teil mit eigenem Zutun - so hochgeschrieben, dass ein Absturz kommen musste." Der Ombudsmann der Universität Bayreuth, Diethelm Klippel, der nun über die Doktorwürde des Herrn Minister zu entscheiden hat, mahnt ebenfalls zur Ruhe. Nicht immer, wenn eine Fussnote in einem wissenschaftlichen Werk fehle, führt dies zwangläufig zur Aberkennung einer Doktorwürde! Auch "Doktorvater" Peter Häberle bezweifelt ein Plagiat; zu Guttenberg sei einer seiner besten Seminaristen und Doktoranden gewesen. Er habe die Arbeit in mehreren Beratungsgesprächen ausführlich begutachtet. Doch wird auf dem politischen Schlachtfeld derzeit die Schlammschlacht ausgefochten. Das Verteidigungsministerium schiesst zurück, Fischer-Lescano arbeite mit der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung zusammen und ist möglichenfalls auch Gründungsmitglied des sog. "Instituts Solidarische Moderne", welcher ebenfalls die SPD-Politikerein Andrea Ypsilanti angehöre.
Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 6 KW 8 | 23.02.2011 |
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