Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen, im Jahre 1995 in der örtlichen Elektronikfachwarenhandlung, standen ein Freund und ich herum und begutachteten die PC-Spiele Abteilung.
Schnell fiel unser Blick auf das von MicroProse herausgebrachte Spiel, dieses mit dem Shermanpanzer auf dem Vorderdruck. Da ich in jenen Tagen leider noch keinen modernen, ja im Grunde überhaupt keinen 486er besaß, überredete ich meinen Kumpel doch dieses Taktikspiel auszuprobieren. Gesagt, getan und ein wenig später saßen wir bei ihm und schoben die vielversprechende CD in das Laufwerk. Das Spiel versprach großartig zu werden, hatten wir bis dato nur 3,5er Disketten in den Händen, wenn es darum ging neue Spiele auszuprobieren.
Und ja, es war fesselnd, denn es hatte das, wovon pubertierende Steppkes meistens in diesem Alter träumen. Das Führen von Gefechten der gepanzerten, aber auch verbundenen Waffen auf Bataillonsebene, wahlweise auf amerikanischer, aber viel wichtiger, eben auch auf deutscher Seite. Für uns damals ein Novum in der noch jungen, elektronischen Spielegeschichte, in der es bis dahin nur möglich war etwa bei Tie-Fighter das Reich, äh, das Imperium zu nehmen. Der grobpixelige Einspieler, die bescheidene Piepsmusik des Obermenüs brachten uns dann zur Auswahl.
Wollen wir in der Armored Task Force oder in der Panzertruppe Dienst tun? Kurz darauf wurden wir von der Feldpolizei durchgewunken und mußten uns an einer Meldestelle via Schreibmaschine eintragen. Hier konnte man bereits auswählen welchen Dienstgrad man inne haben wollte, was sich im Gefecht später auf die Kommandierungsfähigkeit der Einheiten auswirken würde. Als Oberfeldwebel oder Fähnrich konnte man seinen eigenen Panzerzug kommandieren, darüber ging es schon auf Kompanieebene und die letzten beiden Ränge ließen das Führen des gesamten Bataillons zu. Ich spielte dieses Taktikspiel bis Ende der 90er ziemlich intensiv, vor ein paar Jahren installierte ich es erneut und konnte es mit einer DOS-Box wieder erfolgreich ausführen. An meinem frühen und späteren Spielverhalten hatte sich wenig geändert. Die Lust das gesamte auswählbare Bataillon zu befehligen überwog immer und so meldete ich mich jedesmal als Oberst/Major oder Oberstleutnant an. War diese Anmeldung also einmal hinter sich gebracht, mußte man, um die Kampagne starten zu können, die zu befehligende Einheit auswählen. Ich hatte das damals zwar nie überprüft, aber meine im Laufe der Jahre hinzugewonnenen Kenntnisse über die Militärhistorie schienen meinen Eindruck zu bestätigen, daß es sich hierbei um authentische Aufstellungen der damals an der Westfront verfügbaren Verbände handelte. Überhaupt hatte dieses Spiel nicht nur für die damalige Zeit einen sehr hohen Grad an Realismus, sondern auch die wünschenswerte Portion von Auswahlmöglichkeiten die man teilweise bis heute vermisst.
Nach der Auswahl des Verbandes, konnte man wiederrum wählen ob man eine historische oder hypothetische Kampagne spielen wollte. Nahm man die historische Kampagne, wurde der Weg der Division auf der Westeuropakarte nachgezeichnet, nicht ohne Informationen in Form von geöffneten Fenstern zu erhalten, wie etwa die Landung der Alliierten in der Normandie oder die Kesselschlacht von Falaise. Die Zielsetzung des historischen Weges war, die Gefechte besser zu bestehen als in Wirklichkeit. Da das Ende ja schon bekannt war, nahm ich diese Option kaum wahr. Interessanter war der "was-wäre-wenn"-Weg. Der Schwierigkeitsgrad fiel im Alternativszenario etwas mehr ins Gewicht und Gott sei Dank konnte man die Optionen einzeln auswählen. Beispielsweise ob Verluste realistisch oder immer ersetzt werden würden, ob es Treibstoff- und Munitionsprobleme geben würde. Die Aufklärungsstufen, die im Gefecht die Sichtbarkeit der Feinde regelten, waren ebenso auswählbar. Selbst ein Moral- und Erschöpfungssystem innerhalb der Kompanien war vorhanden und einstellbar. Waren diese Dinge einmal geklärt, kam man ins Hauptmenü, in dem sich ein Schlachteditor sowie eine Sparte mit historischen Gefechten befanden. Der Reiter "Unternehmen" führte dann endlich ins langersehnte Gefecht. Hier kam man direkt in die Einsatzvorbesprechung. Die zu verteidigende oder anzugreifende Karte, etwa gefühlte 16 mal 16 Kilometer, wurde angezeigt. Das Gelände entsprach den damals möglichen Verhältnissen der Technik. Spielte man in der Normandie, war die Gegend grundsätzlich von Hecken und kleineren Dörfern durchzogen, in den Vogesen beispielsweise gab es relativ viele Hügel und Wald. Straßen, Flüsse und zerstörte bzw. unzerstörte Brücken oder Flußfurten rundeten die Karten neben Bunkern und Sperren ab. So sah das Kampfgebiet aus und man hatte in der Einsatzvorbesprechung die Zielsetzung der Mission befohlen bekommen. |
Es gab die Missionstypen "Verteidigen", "Angreifen", "Erobern", "Abfangen" und "Durchbruch". In dieser Vorbesprechung sah man das spätere Einsatzgebiet und konnte, je nach Missionstyp, die Platzierung der eigenen Kompanien, insofern über sie verfügt wurden, durchgeführt werden. Dazu war die amerikanische sowie die deutsche Seite mit den jeweiligen Platzierungszonen in unterschiedlichen Farben markiert. In den ersten beiden Missionstypen grenzten die Zonen aneinander und der Angreifer musste die gegnerischen Stellungen, welche mit der jeweiligen Landesflagge markiert waren, erobern. Beim "Erobern" gestaltete es sich schon anders. Da war im Westen die amerikanische Aufstellungszone und im Osten die deutsche. Beide Seiten mußten Positionen in der Mitte, dargestellt durch neutrale, orangene Flaggen, jenseits der eigenen Aufstellungszonen erreichen. Und das möglichst schnell. Beim "Abfangen" und dem Pendant "Durchbruch" ging es darum, den Feind am Erreichen des eigenen Kartenrandes zu hindern bzw. musste dies gelingen. Würden genug Feindeinheiten den gegnerischen Kartenrand erreichen, verschwanden sie im Hinterland, also von der Karte und waren somit durchgebrochen. Als Seite die abfangen mußte, war es wichtig Truppen schlau und an Schlüsselpositionen, etwa Engen zwischen Wäldern oder Nadelöhren an nicht zerstörten Brücken zu positionieren. Hatte man genug Feindkräfte abgefangen und vernichtet, war das Gefecht erfolgreich abgeschlossen.
Hier in der Einsatzvorbesprechung hatte man auch die Möglichkeit, das eigene Bataillon in Augenschein zu nehmen. Man konnte zwischen den einzelnen Kompanien die einzelnen Züge herauslösen und verschieben. So war es möglich, einer reinen Panzerkompanie, bestehend aus vier bis fünf Panzerzügen unterschiedlicher Typen, Panzergrenadiere und ähnliches hinzuzufügen. Da wurden Sturmgeschützzüge verschoben, Panzergrandiere mit Mörsern oder Panzerabwehrkanonen kommandierte man ebenso in andere Kompanien ab, wie Pioniere und Flakpanzerzüge. Außer dem Führungszug einer Kompanie war dem hin und her verschieben keine Grenze gesetzt, was für die Vorbereitung der unterschiedlichen Gefechtslagen auch unersetzlich war. Hatte man sich in einigen Gefechten bewährt, konnte das Oberkommando dem eigenen Bataillon zusätzlich Kräfte entsenden, von einzelnen Zügen aller Art bis hin zu zwei Kompanien. Die entsandten Einheiten konnte man allerdings nicht verschieben, waren aber stets eine willkommene Hilfe. Damit man mehrere Gefechte überhaupt gewann, mußte man als Chef des Bataillons auf Reserven achten. Hier in der Einsatzvorbesprechung konnte man erschöpften Einheiten, die später im Gefecht nur ein Risiko darstellen würden, aufgrund verminderter Kampffähigkeit, herausnehmen und sich ausruhen lassen. Auch die mitgeführte Treibstoff- und Munitionsmenge sowie Munitionsart konnte in drei Stufen eingestellt werden.
Startete man das Gefecht und hatte den Ladebalken überlebt, öffneten sich verschiedene Fenster die man beliebig positionieren und teilweise vergrößern konnte. Das Bataillonsführungsfenster, die Minikarte und die Gefechtskarte, nicht zu vergessen das Fenster, welches die direkte Einheit aus Sicht des Kommandanten aus dem Panzerturm heraus visualisierte. Im Bataillonsführungsfenster befehligte man die einzelnen Kompanien, gab bis zu vier Wegpunkte an, drei unterschiedliche Marschgeschwindigkeiten, drei Weiten der Formationen, die Formation selbst und die Art der Befehle. Die Auswahl der Befehle war groß, so beispielsweise "Sondierung", "Konterangriff", "Verzögerung", "Sturmangriff" und etliche mehr. Im Gefecht war das Herauslösen einzelner Züge aus den Kompanien ebenso gängig und notwendig, musste man eine Lücke schließen oder mit einem Aufklärungszug SdKfz 250 mal einen Spähauftrag auf einem Hügel wahrnehmen. Ähnlich wie heute wieder in Mode, hatte man damals auf einen "Nebel des Krieges" verzichtet, das Gelände war von Anfang an im Gefecht ersichtlich, nur Feinde ploppten bei Sicht plötzlich auf. Die taktische Positionierung in der Einsatzvorbesprechung wie im Gefecht selbst konnte sich also auszahlen. Wenn dies nicht reichte, gab es ab und zu die Möglichkeit, Aufklärungsflugzeuge via Wegmarken auf die Karte zu holen, die jene gewissenhaft abflogen. War also ein Gegner entdeckt, konnte man eventuell Artillerieschläge von außerhalb der Karte anfordern, um Flaggenpositionen, die unabhängig von der Aufklärung auf der übergeordneten Karte immer den Besitzer oder eben die Neutralität anzeigten, mit vernichtendem Feuer zu belegen. Auch wenn ein einzelner Panzerzug mehr oder weniger direkt befehlbar war, so kann "1944- Across the Rhine" nicht als Panzersimulation gelten. Das Spiel ist ein reines Taktikspiel mit Auswirkungen auf der Westeuropakarte, insofern man den hypothetischen Weg wählt. Und hier lag der Reiz für mich, es besser zu machen als historisch, den Gegner von der Ardennenoffensive an zurück ins Meer zu werfen, umsichtig und vorsichtig, denn eigene Verluste wurden besonders auf der deutschen Seite nicht so schnell ausgeglichen. Auch hatte die deutsche Seite wenig bis kaum Luftschläge verfügbar. Umso mehr freute es mich damals regelmäßig in der Nachbesprechung die gegnerischen und eigenen Verluste an Fahrzeugen vorgesetzt zu bekommen, wenn die Abschußrate heldenhaft zu meinen Gunsten etwa 1 : 10 betrug. Hatte man öfter solche Gefechte gewonnen, kam es schon einmal vor, dass man einen Orden verliehen bekam. Das Spiel war vorbei, wenn keine amerikanischen Truppen mehr in Frankreich standen und der Frontverlauf sich bis dahin immer mehr in Richtung Atlantik verschob. In die andere Richtung habe ich es ehrlicherhalber nie gespielt, schätze aber es verhielt sich nicht sehr anders. Leider kam für mich damals etwas ähnliches nicht mehr auf den Markt, vielleicht bemerkte ich ähnliche Spiele auch nicht. Rundenbasierte Spiele mit Hexagonfeldern waren dann doch nicht so mein Ding.
Wer heute eine Nostalgierunde einlegen möchte und kein Grafikfetischist ist, darf dieses alte DOS-Spiel gerne ausprobieren. Im Netz kann man es mittlerweile frei herunterladen.
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