Irgendwie war ich irgendwann mal der Meinung, dass das Bärli mehr können müsste als brav an der Leine zu gehen. So richtig klassisch „Bei Fuß“ laufen, oder sich auch auf eine gewisse Entfernung bei dem Kommando „Platz“ hinlegen, anstatt nur den Kopf schief zu legen oder vor Begeisterung angerannt zu kommen. So was halt, also auch wirklich mal das machen, was man so von einem gut erzogenen, perfekten Hund so erwartet.
Ich also bei der Hundeschule im Nachbarort angerufen und einen Termin vereinbart – ich soll unbedingt Käsewürfel mitbringen, meint die Trainerin noch.
Ich kam in eine Gruppe, die mich zunächst vor Neid rot werden lies. Alle Hunde seit klein auf in der HuSchu, auf den ersten Blick alle brav und folgsam – so sollte es auch mit dem Bärli werden.
Erstmal „richtig“ bei Fuß gehen lernen. Die Trainerin erklärte uns, dass der Hund dies am Besten lernt, wenn man ihm ein Stückchen Käse direkt vor die Nasenlöcher hält und einfach los geht. Der Hund hätte schließlich nur eine Gehirnzelle, die immer nur schreit „KÄSE; KÄSE; KÄSE!“, was den Hund dazu bringt, dem Käse zu folgen! Würde man den Käse dann immer auf Höhe des Knies halten und das Kommando „Fuß“ dazu geben, würde das mit dem „korrekten“ Fuß gehen schon funktionieren.
Ich also in der einen Hand die Leine, in der andern den Käse, halt den dem Bärli vor die Nase, will los laufen und - da hat das Bärli den Käse auch schon aus meinen Fingern geknabbert, springt freudig um mich rum, wohl in Erwartung auf mehr, weswegen ich über ihn stolpere und in eine Pfütze falle.
Nach einer halben Stunde war mein Käsevorrat aufgebraucht, meine Klamotten durchgeweicht und ich der Meinung, dass das korrekte „bei Fuß gehen“ ja eigentlich so wichtig gar nicht ist.
Durch meine Resignation hatte ich aber ein wenig Zeit und deswegen mal etwas genauer in die Runde geschaut und mir ist etwas aufgefallen.
Da war erst einmal die Babsi - eine 2-jährige Setterdame, die nicht „Sitz“ machen will und mit der ihr Frauchen ihre liebe Not hat, bei genauer Betrachtung sehe ich aber, dass, obwohl Babsi bereits seit Welpenalter in der HuSchu ist, sie nur Sitz macht, wenn Frauchen ihr den Käse vor die Nase hält.
Und dann war da noch Strothmann, der 1-jährige Australian Shephard Rüde, unkastriert und sehr an den jungen Hundedamen der Gruppe interessiert, der alle 2 Minuten mit einem schrillen „STROTHMANN – hieeeeeeeer!“ gerufen wurde. Strothmann kommt, macht brav Sitz vor Frauchen, bekommt ein Stück Käse, wird gelobt und widmet sich dann wieder in seiner aufdringlichen Art den Hündinnen – nach 2 Minuten gleiches Spielchen. „STROTHMANN – hieeeeeeeer!“…… |
Außerdem habe ich die Ingrid mit Balto kennen gelernt, die eine begeisterte „Clickerin“ ist! Sie gibt das Kommando „Balto, warte!“, clickert und stopf ein Stück Käse in ihn rein, will ihre Runde ohne Hund um den Platz drehen, während dessen Balto wieder aufsteht. Sie zurück zu Balto, „Balto, warte!“ clickern, Käse, läuft los, Balto steht wieder auf – gleiches Spiel von vorne! Bis die Trainerin sich neben Balto stellt und ihn fest hält. Als Frauchen glücklich und zufrieden wieder bei ihm ist, bekommt er ein Stück Käse – ohne vorher zu clickern! Auf meine Frage, wozu der Clicker denn gut sein soll, guckt sie mich verständnislos an und sagt: „Na zur Bestätigung, dass er die Übung richtig macht!“ - ich habe dann nicht weiter gefragt!
Dann war da noch das Frauchen von Lissy, die ihre Hündin für die Nacht in der Hundepension eingebucht hat. Sie hält Lissy für undankbar, da sie zwar jede Menge Käse in sie reinstopft aber trotzdem nicht das tut, was sie von ihr verlangt. Und nun soll sie mal eine Nacht in der Pension verbringen, damit sie mal sieht wie gut sie es zu Hause hat.
Alle anwesenden Hunde hatten gezeigt, wie sie ihr jeweiliges Frauchen austricksen können und haben somit die Trainerin bzgl. der Sache mit der einen Gehirnzelle als Lügnerin entlarvt!
Irgendwie kam ich mir auf einmal vor wie in einem Panoptikum mit Kuriositäten und fand meinen Ehrgeiz ein wenig lächerlich. Ich war froh, dass mein Bärli, auch ohne pausenlos Käse in ihn reinzustopfen, zwar nicht „korrekt“ bei Fuß geht, aber dennoch nicht an der Leine zieht, dass er „Sitz“ macht, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen und er auch offline immer in meiner Nähe bleibt. Ich hatte ihn also doch schon – den perfekten Hund!
So gut und richtig der Besuch in einer Hundeschule sein mag, sollte man sich doch nicht jedem Trainer blind anvertrauen. Einmal auch zu hinterfragen, oder gar eine Übung, die weder dem Hund noch einem selber behagt oder sinnvoll erscheint, zu verweigern, gehört auch in unseren Verantwortungsbereich. Manchmal kann man durch falsche oder unsinnige Übungen mehr kaputt machen als man denkt!
Viele Grüße von Dem Bärli sein Frauchen
Ach so: So wenig wie man das glauben mag, aber die oben genannten Personen (ja – auch die genannte Trainerin), Hunde und Situation gibt/gab es wirklich (Namen wurden allerdings geändert)! Zwar nicht geballt innerhalb einer Gruppe, aber doch in lediglich 2 Hundeschulen – scheinen also keine Einzelfälle zu sein.
Autor Susanne Jakob- alias "dem Bärli sein Frauchen" |
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