Interview mit Tierärztin Frau Dr. Schultz-Wildelau Barney's Neufi News: Frau Dr. Schultz-Wildelau, hatten Sie schon öfter Fälle von Magendrehung zu behandeln? Frau Dr. Schultz-Wildelau: Antwort: Seit ich in dieser Kleintierpraxis arbeite, wurden mir zum Glück erst wenige Patienten mit einer Magendrehung vorgestellt. Barney's Neufi News: Häufig gibt es auch die Diskussion über höher gestellte Fressnäpfe. Wie Denken Sie darüber? Frau Dr. Schultz-Wildelau: Es gibt einige Studien, die die Risikofaktoren einer Magendrehung untersuchten. Nachdem in der Vergangenheit der erhöhte Futternapf zunächst als vorbeugende Maßnahme empfohlen wurde, ergaben Untersuchungen der letzten Jahre, dass die Futteraufnahme aus einem erhöhten Napf die Krankheitsentstehung eher fördere. Unter Umständen schlucke der Hund dabei zu viel Luft ab und würde das Futter auch schneller aufnehmen können als bei einem Napf, der ebenerdig stehe. Barney's Neufi News: Was raten Sie zur Vorbeugung? Frau Dr. Schultz-Wildelau: Als vorbeugende Maßnahmen gelten: - die Futterration sollte auf 2-3 Portionen pro Tag aufgeteilt werden - nach dem Füttern sollte mindestens eine einstündige Ruhephase folgen - eine erhöhte Fütterung ist zu vermeiden - Trockenfutter sollte nicht angefeuchtet werden - die Futteraufnahme sollte unter möglichst wenig Stress erfolgen (Schlingen vermeiden!) - mit betroffenen Tieren sollte nicht gezüchtet werden Da die eigentliche Ursache der Magendrehung trotz zahlreicher Untersuchungen unbekannt ist, gelten die oben angegebenen vorbeugenden Maßnahmen nicht als Garantie, dass es nicht doch zu einer Magendrehung kommen kann! Die Empfehlungen gelten eher als Risikoreduzierung. Ergänzend fügte die Tierarzthelferin hinzu, das man Hunde nicht mehr abends nach 20.00 Uhr füttern sollte. Da eine Magendrehung oft etwa zwei Stundenden nach dem Fressen auftritt, könnte man dies frühzeitig bemerken und schnelle tierärztliche Hilfe ist dann eher möglich. Ernährung von Barney Im Welpenalter haben wir verschiedene Futtersorten ausprobiert. Entschieden hat sich dann letztendlich Barney selbst für das Futter, was ihm am besten schmeckt. Im Junior- und Erwachsenenalter sind wir dann beim gleichen Hersteller geblieben, weil das Futter auf große Rassen ausgelegt ist, Barney es sehr gut schmeckt und sehr gut verdaut wird. Die Rationen waren zunächst auf mehrere verteilt, mittlerweile erhält er jedoch nur noch eine Mahlzeit am späten Nachmittag. Zum Trockenfutter kommen geringe Anteile Nassfutter und Zugaben, wie Schweineohren, Rinderkopfhaut oder ähnliches. So frisst er oft zunächst nur einen Teil seines Futters und beschäftigt sich dann mit einem Schweineohr, bevor er dann den Rest auffrisst. Barney ist unser dritter Neufundländer und keiner hatte bisher eine Magendrehung. Alle drei Neufundländer hatten auch sonst keine besonderen Krankheiten. Mal eine Ohrenentzündung, ein "Hot Spot" oder Nervenentzündung im Bein und später typische Alterserscheinungen waren alles. Die Hunde sind und waren vor allem an Wochenenden und im Urlaub sehr viel unterwegs. Der Kontakt zu vielen unterschiedlichen Tieren, sehr viel Schwimmen und Baden stehen da auf der Tagesordnung. |
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Warum sind die Ursachen so schwer zu ermitteln? Wissenschaftliche Untersuchungen erfordern eine große zufällige Stichprobe mit einheitlicher Methodik, die eine Hypothese und Antithese enthalten. Man benötigt etwa tausend Hunde, die nach sehr eng gesteckten Regeln leben müssen. Schon aus Sicht des Tierschutzes ist dies kaum möglich und daher kommen Untersuchungen an Universitäten, wie in Amerika an der Auburn University (http://www.iamsgrausam.de/iams_reaktion.php)immer wieder in Konflikte mit dem Tierschutz und Tierschutzorganisationen. Bei einer Untersuchung zur Magendrehung müssten Hunde z.B. nach dem Fressen toben, bestimmte Futtermittel akzeptieren oder in Stress versetzt werden. Warum werden bereits erforschte Ergebnisse verworfen? Dies passiert leider öfter bei wissenschaftlichen Untersuchungen. Unter anderem bei Untersuchungen zum Sport des Menschen, Ernährung oder Lebensgewohnheiten gibt es immer wieder neue oder gegenteilige Forschungsergebnisse. Das liegt einerseits an dem rasanten Fortschritt technischer Möglichkeiten (Telemetrie, Diagnostik, Herstellungs- und Analysetechniken). Zum anderen gibt es "unsaubere" oder nicht korrekte Untersuchungen und die Weiterentwicklung der menschlichen Gesellschaft. Wer heute noch eine Forschungsarbeit über Hunde aus den siebziger Jahren zitiert vergisst, das die Züchtung aller Hunderassen in ganz andere Richtungen gegangen ist. Statt der gängigen 70 kg schweren Neufundländer findet man heute häufig Neufundländer, die nicht einmal mehr 50 kg wiegen. So wiegt Barney derzeit 52 kg und hat nicht mehr den viel zitierten schmalen und ganz so tiefen Brustkorb. Bei dem Mops geht die Entwicklung z.B. glücklicherweise wieder in Richtung normaler Schnauze ohne eingedrückter Nase ("Retro-Mops"). Daher mein Rat: achten Sie bei Quellenangaben auf aktuelle Arbeiten, denn selbst bis zur Veröffentlichung einer Arbeit vergehen manchmal Jahre. Quellennachweis Internet: http://www.kochbass.ch/downloads/Magendrehung%20beim%20Hund.pdf Literatur: Claudio Venzin (2012): Magendrehung: Notfallbehandlung und chirurgische Therapie - ein Update. Der Praktische Tierazt 93, Heft 3: 198-208 Evans KM, Adams V (2010): Mortality and morbidity due to gastric dilation-volvulus syndrome in pedigree dogs in the UK. Journal Small Animal Practice 551: 376-381 Glickmann et. al (2000): Incidence of and breed-related risk factors for gastric dilatation-volvulus in dogs. Journal Am Vet Med Assoc 216: 40-45 |
Magendrehung (Torsio ventriculi) beim Hund - 2
Hunde Krankheiten
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Online-ZeitungBarney's Neufi News - 3. Ausgabe |
So verhalten sich sozialisierte Hunde |
08.04.2012 |
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