Als Freddy im Juli 2010 bei uns einzog, war klar, dieser Hund wird eine Herausforderung! Ganz oben auf der Liste stand die Angst vor fremden Menschen, insbesondere Männern. Damals lebte ich noch bei meiner Mutter mit unserer Ersthündin Lucie und meinen Bruder, der zu dem Zeitpunkt 20 Jahre alt war. Dass es erstmal schwierig werden wird, war uns bewusst. Wir haben meinen Bruder instruiert, keinerlei Kontakt zu Freddy aufzunehmen und ihn vollkommen zu ignorieren. Fred hatte von Anfang an richtig Angst vor meinem Bruder, ich würde ihn schon fast als panisch beschreiben. Das mit dem Ignorieren hat von Seiten meines Bruders leider nicht lange gehalten. Ihm wurde es lästig, ständig Rücksicht nehmen zu müssen, wie zum Beispiel den Flur zu verlassen, damit wir raus konnten. Dazu kommt noch, dass mein Bruder zu jeder sich bietenden Gelegenheit sehr laut Musik hört, die letzten fünf Stufen der Treppe mit komischen Geräuschen runter springt und die Türen knallt. Für Freddy war das der Horror, da mein Bruder dadurch für ihn unberechenbar und überhaupt nicht einzuschätzen war. Wenn er Freddy dabei aber einfach nicht beachtet hätte, dann wäre das alles nur halb so schlimm gewesen. Aber er hat ihn dann auch noch angesprochen, wenn er den Raum betreten hat. Es dauerte nicht lange, da wollte Fred nicht mehr aus dem Auto steigen, wenn er in der Nachbarschaft laute Musik hörte oder wenn das Auto meines Bruders auf der Einfahrt stand. Er kam auch nicht mehr mit ins Wohnzimmer sondern blieb in meinem Schlafzimmer, weil er sich dort sicherer fühlte und aus dem Wohnzimmer nicht flüchten konnte, wenn mein Bruder da war. Waren wir allein hatte ich bald einen lustigen und mir gegenüber aufgeschlossenen Hund, aber sobald er meinen nur Bruder hörte, war das vorbei und er ist zitternd auf seine Decke gegangen. Zum Schluss ging es soweit, dass Fred geknurrt hat, als mein Bruder mal das Wohnzimmer betreten hat. Damals standen unsere Auszugspläne aber schon und ich habe nochmals eindringlich auf ihn eingeredet, dass er sich bitte für ein paar Wochen zusammen reißen soll und mir das nicht auf den letzten Metern versaut. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass Freddy lernt, dass er sich durch Aggression den Angstauslöser vom Leib halten kann. Die Situation heute ist und bleibt angespannt, wenn Freddy sich im gleichen Raum aufhalten muss, wie mein Bruder, aber die beiden sind nicht mehr gezwungen unter einem Dach zu leben, daher ist es erträglich. |
Der zweite Mann in Freddys Leben war der damals neue Freund meiner Mutter, Willi. Willi hat sich sehr viel Mühe gegeben und versucht, das umzusetzen, was ihm gesagt wurde. Es war nicht einfach, da Willi bisher nur "normale" Hunde kannte. Willi war es z. B. gewohnt sich zu einem Hund vorzubeugen, wenn er Kontakt aufnahm. Es hat sehr lange gedauert, bis er verinnerlicht hatte, dass das eine Drohhaltung ist. Es war nicht böse gemeint - eher die Macht der Gewohnheit. Er hat Freddy von vornherein auf sich zu kommen lassen und hat von selbst keinen Kontakt gesucht. Das war genau der richtige Weg. Nach relativ kurzer Zeit (ca. 2-3 Monate) hat Fred dann seinen Kontakt gesucht. Stück für Stück taute Freddy auf. Holte sich Lucie bei Willi Leckerlie ab, näherte sich auch Freddy vorsichtig. Wenn Willi Fred dabei nicht angesehen hat, hat dieser auch ganz vorsichtig das Leckerli genommen und sich damit verdrückt, um es in Ruhe zu essen. Jetzt, fast zwei Jahre später, springt Fred sogar mit aufs Bett, wenn Willi noch drin liegt und kuschelt mit ihm. Nichts desto trotz besteht zwischendurch immer noch eine gewisse Unsicherheit, wenn Willi unverhofft eine Bewegung macht. Ein weiterer Mann hat es allerdings in rasender Geschwindigkeit ins kleine Freddyherz geschafft. Es handelt sich um einen älteren Herren, den wir öfters unterwegs mit seinem Labrador treffen.Es hat keine zwei Monate gedauert, da hat Freddy sich seinen ersten Keks von dem Herren geholt und vielleicht zwei weitere, bis er sich hat anfassen lassen. Das Phänomenale bei dem Herrn ist, dass dieser sich vorbeugt und Fred von oben auf den Kopf patscht und Fred das bei dem Mann überhaupt nix ausmacht. Dieser Mann kann wirklich gut mit Hunden und die scheinen das zu spüren, anders kann ich mir das nicht erklären. Fazit: Freddy, der aufgrund seines Deprivationssyndroms Menschen misstrauisch begegnet, wird immer ein skeptischer Hund bleiben, aber es dauert bei weitem nicht mehr so lang, bis er Kontakt aufnimmt, als es noch vor 2 Jahren der Fall war. Klar ist auch, dass Freddy wohl nie zu dem Schluss kommen wird, dass alle Männer super sind, nur weil er einen gut findet. Es wird bei jedem ein einzelner Prozess sein. Liebe Grüße von Ina (Ina&) |
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