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Online-ZeitungAusgabe 24/2012 |
Kurzgeschichte - Teil 1 |
26.10.2012 |
Ich bedanke mich recht herzlich bei Lepo, der mir seine Kurzgeschichte geschickt hat.
Viel Spaß beim Lesen!
Die Geschichte des Stabes – Teil 1
Was Wahrheit ist, wird Mythos, Mythos wird Legende, und Legende wird vergessen. So geschah es, das der Stab des Wohles nahezu in Vergessenheit geriet. Doch im Königshaus wurde das Wissen um den Stab in den Köpfen behalten. Und so nahm die Geschichte seinen Lauf...
Arthibor schaute von der Hirschfährte auf. Er verfolgte die Herde nun seit drei Tagen, in der Hoffnung, eines der Tiere zu erlegen und so Nahrung für die nächsten Tage zu haben. Sein letztes Tier hatte er vor einigen Tagen erlegt, und die letzten stücke Fleisch hatte er am Vorabend aufgegessen. Seitdem hatte er sich von den Wurzeln des Waldes ernährt, um nicht zu verhungern.
Während sein Blick die Fährte entlangglitt, wanderten seine Gedanken erneut zu seiner Heimat. Vor nunmehr einem halben Jahr war er von dort aufgebrochen, um die nötigen Erfahrungen für seine Amtszeit als König des Landes Archon zu erlangen, so wie es die Tradition vorschrieb. Zunächst hatte er sich stets am Rande des Urwalds, in der Nähe des Reiches aufgehalten, doch mit der Zeit war seine Angst vor der Ferne verflogen und er hatte sich weiter in den Wald gewagt. So war er nun einige Wochen unterwegs gewesen, stets auf der Suche nach unbekannten Dingen, welche ihm die nötigen Erkenntnisse erbringen würden. Doch bislang hatte er nur wenige Erfahrungen gesammelt, obwohl er schon einige Gefahren überstanden hatte. Die Erlebnisse waren sogar größtenteils Lebensgefährlich gewesen, doch er spürte, dass die Zeit für die Rückkehr noch nicht gekommen war. Und so lief er weiter durch den Wald.
Als er wieder von der Fährte aufblickte, viel sein Blick auf die Sonne, welche gerade hinter dem Horizont verschwand. Bald Tiere würden sich bereits zu Nacht hingelegt haben, was ihm eine gute Gelegenheit bietet, sie zu erlegen. Doch dazu muss er die Herde vor der Dunkelheit erreichen, was in Anbetracht der etwa 15 Minuten alten Fährte eine starke Anstrengung bedeutete. Arthibor seufzte ob der Anstrengung, die ihm bevorstand, und machte sich auf den Weg.
Die kühle Nachtluft strich ihm über das Gesicht, als er durch die Zweige der Sträucher eine Lichtung mit den Hirschen erspähte. Es war eine perfekte Lichtung für Arthibor, denn auf der anderen Seite erstreckte sich eine Felswand mit einer Höhle, welche er als Unterschlupf für die Nacht würde nutzen können. Tief durchatmend spannte er vorsichtig den Bogen, und zielte auf eine etwas abseits liegende Hirschkuh. Er schaute den Schaft des Pfeiles entlang, so wie er es schon viele male zuvor getan hatte, und in ihm breitete sich die Gewissheit aus, dass er auch dieses Mal Erfolg bei seiner Jagd haben würde. Doch gerade als er den Pfeil loslassen wollte, knackte es in der Höhle laut, und die Hirsche sprangen verschreckt auf und rannten auf den Rand der Lichtung zu. Arthibor sprang ebenfalls auf, schoss seinen Pfeil auf die Hirschkuh, in der verzweifelten Hoffnung, sie noch zu treffen, und fluchte, als der Pfeil knapp das Tier verfehlte und im Wald verschwand. Einen neuen Pfeil einlegend drehte er sich der Höhle zu.
Dort stand ein bärenähnliches Tier mit silbergrauem Fell auf den Hinterbeinen und schaute ihn an. Arthibor bekam den verzweifelten Wunsch zu fliehen, doch er konnte seine Beine nicht bewegen. Die Augen des Raubtieres schienen ihm wie alles verzehrende Strudel, welche ihn mit einer unglaublichen Macht anzogen. Bald war auch sein Wille, vor dem Tier zu fliehen gebrochen, und er hatte nur noch den Wunsch, dem Geheimnis der Strudel auf die Spur zu kommen. So machte er einen langsamen Schritt nach dem anderen auf die Wesenheit zu, von der Welt um ihn herum kaum mehr etwas wahrnehmend.
Doch plötzlich hörte er neben sich ein Zischen, und im nächsten Moment steckte dem Wesen ein Wurfmesser im Bein, was ihn zum straucheln brachte. Vollkommen vom eigenen Willen befreit, hatte Arthibor nur noch den Wunsch, dem Tier zu Helfen und wollte auf ihn zu rennen. Doch gerade in dem Moment, in dem er einen Sprung auf das Tier zu machen wollte, packte ihn eine Hand im Nacken, und warf ihn auf den Boden. Noch im selben Moment sprang ein Schatten über ihn, und es packte ihn die furchtbare Angst, dass das Tier sterben könnte. Während das Bärenwesen in einen Wirbel aus einer aufblitzenden Klinge, um sich schlagenden Klauen und spritzendem Blut verschwand, versuchte sich Arthibor aufzurichten, um sich auf den Angreifer zu stürzen und dem wilden Tier zu helfen. Doch gerade, als er sich aufgerichtet hatte, erschallte ein Brüllen, über die Lichtung, das Brüllen eines wilden Tieres. Arthibor sah gerade noch, wie der leblose Körper von der Klinge eines Schwertes glitt, bevor er in die Tiefen der Ohnmacht überglitt.
Arthibor erwachte, und war zunächst verwirrt über den Regen den er hörte. Er lag trocken, wie konnte es regnen, ohne das er nass wurde? Erst nach und nach wurde er sich seiner Umgebung bewusst, er lag in der Höhle am Rande der Lichtung, und am Höhleneingang brannte ein Feuer. Doch von der Person, welche ihn in die Höhle gebracht hatte, war nichts zu sehen. Daher verbrachte er seine Zeit damit, die Umgebung zu betrachten. Es war wieder Tag geworden, von daher musste er mindestens eine Nacht ohnmächtig gewesen sein. Dies bestätigte auch sein Magen mit einem vernehmlichen Knurren. Auf der Suche nach etwas essbarem ließ er den Blick durch die Höhle und über die Lichtung schweifen, blieb dann aber bei dem Kadaver des Tieres, welchem er unbedingt hatte helfen wollen hängen. Jetzt waren seine Augen stumpf, nichts erinnerte mehr an die alles verzehrenden Strudel. Ein unangenehmes Kribbeln lief ihm den Hals herunter, als er anhand des Gebisses erkannte, dass es sich bei dem Bär keinesfalls um einen Pflanzenfresser handelte, und er bekam es mit der Angst zu tun, als ihm klar wurde, dass auch er höchstwahrscheinlich eine Mahlzeit für ihn abgegeben hätte.
Eine Bewegung am Rande der Lichtung weckte nun seine Aufmerksamkeit. Aus den Büschen erschien eine Frau, welche geradewegs auf die Höhle – und damit auf ihn – zusteuerte. In den blutverschmierten Armen hielt sie einige Fleischbrocken, deren Anblick Arthibors Magen erneut zum knurren brachte. Sie baute aus Holz einen behelfsmäßigen Bratenspieß, auf welchen sie das Fleisch spießte und dieses dann über dem Feuer briet. Erst jetzt wandte sie sich Arthibor zu, und er konnte ihre Gesichtszüge sehen. Sie waren von einer anmutigen Schönheit, und unter ihren Haaren lugten spitze Ohren hervor.
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