- Unter der Leitung von Sonia Mikich (WDR) und Christian Nitsche (BR) diskutieren Sahra Wagenknecht (Die Linke), Cem Özdemir (Grüne/B´90), Joachim Herrmann (CSU), Christian Lindner (FDP) und Alice Weidel (AfD)-
Bei dem TV-Duell der kleinen Parteien am 04.09.2017 ging es heiß her. Nach einem enttäuschenden, da langweiligen und wenig kontroversen Kanzlerduell bemühte sich die kleine Schwester deutlich um Besserung. Der Montagabend war ein explosives Feuerwerk an verschiedenen Themen, wobei der Zuschauer allerdings teils Gefahr lief, den Überblick und die Geduld zu verlieren. Eine unerbittlich tickende Redezeit-Uhr sowie die etwas diffuse Themenzuteilung der Moderation sorgten sicherlich nicht nur bei den Diskussionsteilnehmern für Unmut. So wurden hitzige Wortgefechte gerade dann abgebrochen, wenn sie begannen, interessant zu werden. „Die Uhr, die Uhr“, hieß es stets und schon hetzte man zum nächsten Thema. Tiefgang und die kleinen, aber gerade deshalb entscheidenden Details, ließ die bunte Runde somit leider vermissen. An den fünf Politikern wäre es jedenfalls sicher nicht gescheitert, denn die gingen sofort auf Konfrontationskurs und wetteiferten um die schlagfertigsten Argumente. Dabei waren es interessanterweise nicht unbedingt die faktisch belegten Ausführungen, die am überzeugendsten erschienen, vielmehr war Volksnähe gefragt. Und genau die bewies Grünenpolitiker Cem Özdemir mehrfach meisterlich, weswegen er sich unbestritten die Rhetorikkrone des Abends aufsetzen darf. Natürlich punktete er in Sachen Klima und Umwelt, da bewegte er sich schließlich auf heimischem Territorium. Als besorgter Familienvater äußerte er, es wäre ihm prinzipiell egal, welches abgasfreie Automobil sich durchsetze – er sei ja kein Ingenieur - solange man nur für eine saubere Umwelt sorge. Denn: „Die Luft, um die es geht, das ist die Luft, die mein siebenjähriger Sohn in der Innenstadt einatmet“. Damit dürfte er vielen, die sich um das Wohlergehen der folgenden Generationen sorgen, aus der Seele gesprochen haben und da kommt dann auch kein Herr Lindner mit kühler Rationalität gegen an. Weitaus bemerkenswerter ist aber die Tatsache, dass Özdemir auch in puncto Bildung und Integration ordentlich Boden gutmachen konnte. Hier setzte er gekonnt auf eigene Erfahrungswerte, als er anprangerte, dass soziale Herkunft und Erfolg in der Schule noch viel zu sehr miteinander verwoben seien. Er – aus einer Arbeiter- und Migrantenfamilie stammend – wisse schließlich, wovon er spreche. Ein sehr cleverer Schachzug und als wenig später Integration ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte, ließ ihn dies eindeutig an Glaubwürdigkeit gewinnen. Ganz ähnlich agierte er, als er für eine gerechtere Bezahlung insbesondere der Sozialberufe warb und seine Ausbildung zum Erzieher zur Sprache brachte. Die Botschaft, die Cem Özdemir aussandte, war eindeutig: die Grünen können weitaus mehr als nur Umwelt – Soziales, Bildung, Integration, Rechtssystem. Lediglich als es den Startschuss für die offene Fragerunde gab, geriet Özdemir ein wenig in die Bredouille. Gegen Ende der Sendung gerieten Joachim Herrmann und er heftig aneinander und provozierten sich gegenseitig regelrecht zu einem Zweikampf. Als Ausgangspunkt wurde Özdemir von Herrmann die Frage gestellt, wie er zu linksradikalen Oppositionen wie der Roten Flora in Hamburg stehe. Özdemir versuchte, der Frage mit einem Themenwechsel zur Polizeipräsens zu entkommen, doch so leicht wollte Herrmann sich nicht abschütteln lassen und versuchte erneut eine Antwort zu erzwingen. Jedoch erfolglos, denn Özdemir ging nun zum Gegenangriff über und forderte eine Erklärung von der CSU, weshalb sie den Ausbau erneuerbarer Energien behindere. Doch wie schon so oft zuvor in dieser Sendung, wurden die beiden sehr bald ausgebremst und das Wort an Frau Wagenknecht übergeben. Die Antworten blieben also vage, viele Diskussionen weithin offen, doch der nötige Kampfgeist für feurigen Wahlkampf war definitiv gegeben. Insbesondere eben bei Cem Özdemir, dem es gelungen sein dürfte, als umweltbewusster Familienvater und aufstrebendes Arbeiterkind die Herzen des Volkes höher schlagen zu lassen. |
|