Mehr Informationen zu Zwangsarbeit in der NS-Zeit und auf der Bunker-Baustelle auf Seite 2!
Bremer Denkort Zeitung |
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Online-ZeitungBremer Denkort Zeitung |
Sonderausgabe Erlebte Geschichte am Denkort Bunker Valentin |
07.09.2016 |
Geplant als unzerstörbares Bauwerk steht das Monstrum aus Beton kalt und grau da. Von außen scheinbar unversehrt, wird im Inneren klar, dass doch eine Bombe ihren Weg durch das Dach des Bunkers gefunden hat, denn dort klafft nun ein großes Loch, ein Stahlträger hängt von der Decke. Er erzählt von den vielen Schicksalen der Zwangsarbeiter, welche ihr Leben beim Bau dieses Giganten lassen mussten. Der U-Boot-Bunker Valentin steht in Farge, einem Ortsteil von Bremen-Nord, gelegen an der Weser. Entstehen sollten hier U-Boote des Typs XXI, welche nach geplanter Fertigstellung des Bunkers, wie vom Fließband laufen und in Dienst gestellt werden sollten. Der Bunker sollte jedem Bombenangriff standhalten, aus diesem Grund sind die Wände und Decken bis zu sieben Meter dick. Er ist 419m lang und an seiner breitesten Stelle bis zu 97m breit, die Höhe beträgt 33m. Der Bau, welcher im Jahre 1943 im Auftrag der deutschen Kriegsmarine von Rüstungsminister Albert Speer befohlen wurde, dauerte bis März 1945. Tausende Zwangsarbeiter aus ganz Europa litten unter den unmenschlichen Bedingungen auf der Baustelle. Durch die Bombardierung durch die U.S. Air Force wurde schließlich der Bunker selbst und die umliegende Infrastruktur so stark zerstört, so dass nicht weitergebaut werden konnte. |
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Nach Kriegsende verfiel die Ruine zunächst, bis im Oktober 1960 die Bundeswehr beschloss, sie als Materialdepot der Marine zu nutzen. Dafür restaurierte sie vier Jahre später 40% des Bunkers. Der übrige Teil, der zum Teil einsturzgefährdet ist, wurde weiterhin dem Verfall überlassen. So konnte sich auf dem Dach des Bunkers im Laufe der Jahre ein einzigartiges Biotop bilden, welches in dieser Form nur dort zu finden ist. Inzwischen ist er außerdem zu einem Brutplatz von Fledermäusen und Dohlen geworden. Inzwischen zählt der Bunker zu einem der bedeutendsten Fledermaus-Winterquartiere in Norddeutschland. Anfang 2009 konnten Experten 4500 der Tiere zählen.
Hinsichtlich seiner NS- Vergangenheit wurden erst zögerlich die Stimmen gehört, die eine Umwidmung des Bunkers zu einem Mahnmal forderten. So wurde 1983 ein Denkmal namens Vernichtung durch Arbeit am Eingang errichtet, ab 1990 wurde auch einigen zivilen Besuchern erlaubt, den Bunker zu besuchen und es wurde ein Mitarbeiter für Führungen abgestellt. Doch erst 2015 wurde die Gedenkstätte unter dem Namen „Denkort Bunker Valentin“ offiziell für Besucher geöffnet.
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Auf der offiziellen Internetseite des Denkortes (www.denkort-bunker-valentin.de) wird von einem vielschichtigen Programm berichtet. „Dieses beinhaltet verschiedenste Formate von Überblicksführungen und thematischen Rundgängen durch den Bunker und über das ehemalige Gelände der Baustelle, über Selbstführungen, mehrstündige Projekttage und mehrtägige Projekte bis hin zu internationalen Workcamps.“ Ein fünfstündiges Seminar wurde nun am 08.09.2016 vom 2QS-Profil der Oberstufe des Gymnasiums Ritterhude belegt. Daraus ergaben sich vielfältige Erkenntnisse und Informationen zum Bunker, die in den übrigen Artikeln zu finden sind. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Geschichte der Zwangsarbeiter des Bunker Valentins. Erfahren Sie, woher sie kamen und wie sie behandelt wurden. (CGA+JPE) |
Auf alptraumhafter Reise in die Vergangenheit
Ein Seminartag der 2QS am Denkort
Als wir uns an diesem Donnerstagmorgen in den Seminarraum setzten, blickte jeder von uns unaufhörlich auf diesen monströsen Betonklotz. Man konnte ihn schlichtweg nicht ignorieren. Die Rede ist von einem der ambitioniertesten und grausamsten Bauprojekte, die es in der NS-Zeit gab: Der Bunker Valentin bei Bremen Farge, der zu 90% von Zwangsarbeitern erbaut wurde. Und nun solten wir, zwölf Schülerinnen und Schüler der 2QS des Gymnasiums Ritterhude, an einem sonnigen Sommertag eine Menge über die Vergangenheit dieses Ortes erfahren.
Die Pädagogin Roberta, welche uns an diesem Projekttag begleitete, begann mit einem Assoziationsspiel. Unser Auftrag war es, Bilder, welche mit dem Bunker zu tun hatten, auszusuchen und dann wenig später der Gruppe zu erklären, was der Grund für unsere Wahl war. Diese Konfrontation mit Bildmaterial gab uns bereits einen Vorgeschmack auf das Grauen und den Größenwahn, der von den Nationalsozialisten ausging.
Danach sahen wir uns seltenes Filmmaterial an, das den Bau des Bunkers damals dokumentieren sollte. Unsere Pädagogin erwähnte mehrmals ausdrücklich, dass Foto- und Videoaufnahmen eine subjektive Wahrnehmung sind und somit auch das gezeigte visuelle Material kein Vergleich zu dem ist, was sich tatsächlich auf der Baustelle des Bunkers abspielte. In der Tat musste man einiges an Hintergrundinformationen haben, um gewisse Bilder zu deuten, da sie in ihrer einfachen Beschaffenheit nicht wirklich schrecklich wirkten.
Anschließend gingen wir in den Bunker. Es war kalt, einschüchternd und ein Stück weit beklemmend in dem Wissen, dass dieses massive Bauwerk beinahe ausschließlich von Menschen errichtet wurde, die täglich der Gefahr ausgesetzt waren zu verhungern, aus bis zu 30 Metern Höhe zu fallen oder zu Tode geprügelt zu werden. Es war für uns nicht vorstellbar, wie groß und erdrückend das Leid zur damaligen Zeit gewesen sein muss und noch weniger verständlich, wie unmenschlich die Nazis gewesen sein mussten, um so etwas in die Wege zu leiten, so viele Menschen wissentlich zu vernichten, als würde es sich nur um Ressourcen gehandelt haben, wie Stein und Stahl es auch waren.
Als wir den Bunker dann wieder verlassen hatten, gingen wir einmal rund um ihn herum, wo entlang des Weges Informationstafeln zu den verschiedenen Teilen der ehemaligen Baustelle oder zu Beteiligten am Bunkerbau angebracht waren. Besonders beeindruckend war auf diesem Weg der Kontrast, der sich an diesem sonnigen Tag offenbarte: Das sonnige Wetter mit dem inzwischen bewachsenen und heute nahezu friedlich erscheinenden Bunkerkoloss im Gegensatz zu den Gräueltaten, die dort vor gut 70 Jahren verübt worden waren.
Im Anschluss gingen wir zurück in das Seminargebäude. Dort haben wir einzelne Schicksale von Zwangsarbeitern, aber auch von deutschen Beteiligten behandelt und uns gegenseitig vorgestellt. Dies hat das ganze historische Ereignis noch einmal greifbarer gemacht, da uns die Lebensläufe sehr berührt haben. Abschließend haben wir unserer Pädagogin noch ein Feedback gegeben und somit ging ein äußerst informations- und gefühlsreicher Tag für die 2QS zu Ende. (PBR & PBO)
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