Österreich gehört seit jeher zu den Ländern mit einem gut aufgebauten Sozialsystem. Am 01. September 2010 wurde in Österreich die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS)“ eingeführt. Es hat die Sozialhilfe abgelöst und „…stellt ein Maßnahmenpaket der Bundesregierung dar, das zur Armutsbekämpfung in Österreich beitragen soll. Es zählen dazu: Die Reformierung der vormaligen „offenen“ Sozialhilfe; Eine stärkere Anbindung der LeistungsbezieherInnen an den Arbeitsmarkt; Die Einbeziehung von LeistungsbezieherInnen ohne Krankenversicherungsschutz in die gesetzliche Krankenversicherung und der Ausbau mindestsichernder Elemente im Arbeitslosenversicherungsgesetz (Anhebung der Nettoersatzrate und großzügigere Anrechnungsbestimmungen von Partnereinkommen bei NotstandshilfeempfängerInnen)“ – so wird es in der Broschüre „Bedarfsorientiert Mindestsicherung. Fragen und Antworten. Fakten statt Mythen“ des österreichischen Sozialministeriums beschrieben. Den Anspruch auf BMS haben nicht nur österreichische Staatsbürger erhalten, sondern auch diejenigen, die „ihren Hauptwohnsitz bzw. ihren dauernden Aufenthalt in Österreich haben“. 2010 betrug die Anzahl der Bezieher von BMS 177.068; 2011 erhöhte sich die Zahl auf 193.276 (ein Plus von 16.208) und 2012 gab es bereits 221.341 Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (ein erneutes Plus von 28.065). Ein Anstieg war auch in den darauffolgenden Jahren zu erkennen, denn die Anzahl der Bezieher von BMS stieg 2013 um + 17.051 und um weitere +18.017 für das Jahr 2014. (Quelle: Statistik Austria). Zur selben Zeit steigerte sich drastisch die Anzahl der nach Österreich kommenden Migranten. Laut den statistischen Daten des österreichischen Innenministeriums wurden im Jahre 2010 ca. 11.000 (11.012) Asylanträge, im Jahr 2011 über 14.000 (14.416) Asylanträge, im Jahr 2012 mehr als 17.000 (17.413) Anträge, im Jahr 2013 ein wenig mehr als 17.500 (17.503) Anträge und im Jahr 2014 fast 28.000 (28.068) Anträge gestellt. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2015 wurden 20.620 Asylanträge in Österreich eingereicht.
Das österreichische Sozialsystem ist dadurch bedroht. Die Situation spitzt sich zu. Die ersten, welche die Gefährlichkeit der Lage erkannt haben, waren die FPÖ – Politiker. Bereits im Jahr 2014 haben sie die Regierungsparteien darauf aufmerksam gemacht, dass das österreichische Sozialsystem bereits vor einem Zusammenbruch steht. Als Teil der Lösung des Problems sahen die FPÖ – Politiker in einer Kürzung der BMS – Geldleistungen für die Migranten.
Um die ständig steigende Ausgaben im Sozialbudget zu senken schlug am 18. Mai 2015 die oberösterreichische Freiheitliche Partei vor, den subsidären Schutzberechtigten (darunter versteht man „die Personen, deren Asylantrag zwar mangels Verfolgung abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Unversehrtheit im Herkunftsstaat bedroht wird.“ (Quelle: www.help.gv.at)) den „Anspruch auf die Gewährung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung mit der Höhe der Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung“ zu begrenzen. „Bereits im Jahr 2013 befanden sich 15.118 Personen als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich. (…) Nach Niederösterreich und Wien hat Oberösterreich den höchsten Anteil an dieser Personengruppe. Zudem wird für die kommenden Monate ein weiterer massiver Anstieg von Flüchtlingen in Österreich prognostiziert.“ (Initiativantrag der unterzeichneten freiheitlichen Abgeordneten Betreffend Einschränkungen bei der Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte) „Der Antrag aus 2015 wurde im Landtag mehrheitlich abgelehnt“ (www.unsere-zeitung.at) Im Frühling 2015 wurde von den ÖVP - Politikern ein Maßnahmenpaket für die Reduzierung der Ausgaben für BMS – Geldleistungen ausgearbeitet. Dieses Paket sah allerdings keine Kürzung der BMS – Geldleistungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigten vor. Das Maßnahmenpaket umfasste folgende Punkte: „Verpflichtende teilweise Umstellung auf Sachleistungen bzw. Direktzahlungen (Essen, Wohnen, Energie, Weiterbildung etc.), sodass zwischen Sach- und Geldleistungen ein Verhältnis von 50:50 hergestellt wird; Verpflichtende Reduktion der Geldleistungen um 25% nachdem die Mindestsicherung ein Jahr lang bezogen wurde für Personen, die in diesem Zeitraum dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung standen, jedoch während dieser Zeit die zumutbaren Beschäftigungsangebote abgelehnt und damit die Arbeitsaufnahme vereitelt haben; Schaffung eines Wiedereinsteigerbonus: Wer länger als 6 Monate die Mindestsicherung bezieht, soll bei der Aufnahme einer Beschäftigung für max. 6 Monate einen Zuschlag zum Einkommen bis maximal 1.150 Euro bekommen“ (Quelle: http://gudrunkugler.at/mindestsicherung 17.12.2015) |
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Am 27. September 2015 fand in Oberösterreich die Landtagswahl statt. Die ÖVP kam auf 36,37% (-10,39%) die FPÖ bekam 30,36% (+15,07%) und die SPÖ auf 18,37 (-6,57%). Daraus ergaben sich drei Koalitionsmöglichkeiten: ÖVP-FPÖ, ÖVP-SPÖ, FPÖ-SPÖ. Nach dreiwöchigen Verhandlungen wurde eine Koalition zwischen FPÖ und ÖVP gebildet. Am 26.Dezember 2015 erschien in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ ein Artikel unter dem Titel „Sozialstaat und Einwanderung gehen schlecht zusammen“. „Angesichts der Flüchtlingszahlen muss Österreich die Mindestsicherung hinterfragen. Sonst droht eine Revolte der Steuerzahler.“ (Eric Frey in „Der Standard) Am 28. Jänner 2016 brachte die öberösterreichische Koalition (FPÖ/ÖVP) auf gemeinsame Initiative einen Antrag auf eine Kürzung der BMS für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte auf die Höhe der Grundversorgung ein. Die Umsetzung der Idee der FPÖ- und auch ÖVP- Politiker, die BMS – Geldleisungen für Asylberechtigte zu kürzen, sollte eine bessere Finanzierbarkeit des Sozialstaates ermöglichen und gleichzeitig nur wirklich integrationswillige Einwanderer ansprechen. Drei Monate später - am 10. April 2016 haben sich die führenden FPÖ- und ÖVP- Politiker über die Leitlinien zur Reform der Mindestsicherung geeinigt. Kernpunkte der BMS – Reform sind: Umstellung der Geldleistungen zur Hälfte auf Sachleistungen; Wirksame Arbeitsanreize (finanzieller Anreiz zum Wiedereinstieg in die Beschäftigung); Deckelung aller Geldtransferleistungen mit 1.500 Euro; Reduktion der Geldleistungen um 25% - 50% für arbeitsunwillige bzw. integrationsunwillige Personen; Differenzierung innerhalb der Mindestsicherung nach sachlichen Gründen (Grundversorgung: für Asylwerber und für subsidiär Schutzberechtigte; Mindestsicherung light (520 Euro monatlich) für Personen, die in den vergangenen acht Jahren weniger als sieben Jahre ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich hatten). Mindestsicherung light in OÖ sieht vor, dass es für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte 365 Euro plus einen an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 - also in Summe 520 - statt wie bisher 914 Euro an BMS gibt. Für die Personen, die bisher eine mehrjährige Erwerbstätigkeit in Österreich erbracht haben oder alternativ mindestens 7 Jahre ihres gewöhnlichen Aufenthaltes in Österreich verbracht haben, gilt Mindestsicherung in vollem Umfang. Es blieb allerdings eine Frage offen: Wann wird die Reform, welche darauf abzielt, das österreichische Sozialsystem von einem Kollaps zu retten, in die Tat umgesetzt? Die Antwort auf diese Frage weiß Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der allerdings „mit der Idee einer Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge nichts anfangen“ kann: "Mir graust vor Vorschlägen, die auf der Oberfläche dahinschwimmen." – so die „Salzburger Nachrichten vom 30.01.2016. |
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