Aus keinem anderen Land beantragen so viele Menschen in der Schweiz Asyl wie aus Eritrea. Im vergangenen Jahr waren es fast 10000 Personen, wie das Staatssekretariat für Migration mitteilt. Der Massenexodus aus dem bitterarmen Land dürfte nach Ansicht von Experten sowohl auf die Unterdrückung durch den Staatsapparat als auch auf das wirtschaftliche Elend und die Perspektivlosigkeit zurückzuführen sein. Autoritäre Regierung Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschreibt in ihrem Jahresbericht gravierende Menschenrechtsverletzungen in Eritrea. Nach Ansicht einer Uno-Untersuchungskommission könnten einige davon Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die Situation sei derart ernst, dass bereits jeder Zehnte Eritreer aus dem Land geflohen ist, wie das Uno-Flüchtlingshilfswerk angibt. Die Regierung unter Präsident Isaias Afewerki führt das Land mit eiserner Faust. Immer mehr Eritreer verliessen daher ihre Heimat, schreibt Human Rights Watch. Die Menschenrechtsorganisation stützt ihre Analyse weitgehend auf den Bericht einer Eritrea-Kommission der Vereinten Nationen ab. Diese befand Mitte 2015, die eritreische Regierung betreibe systematische, umfassende und schwere Menschenrechtsverstösse in Abwesenheit rechtsstaatlicher Strukturen. Als Resultat regiere in dem Land nicht das Recht, sondern die Angst. Die Verfassung von 1997, die demokratische Institutionen vorsieht, ist nie umgesetzt worden. Die Regierung in Asmara begründet dies mit der militärischen Bedrohungslage. Eritrea erlangte 1993 nach 30-jährigem Krieg die Unabhängigkeit von Äthiopien. Die Situation an der Staatsgrenze bleibt angespannt und dient dem Regime als Rechtfertigung, die eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Jeder Eritreer muss laut Gesetz 18 Monate Militärdienst leisten, in der Realität dauert die Dienstpflicht aber oft viel länger, bisweilen Jahrzehnte lang. Eingezogen werden die Rekruten offiziell mit 18 Jahren, teilweise würden aber auch 15-Jährige rekrutiert, halten die Berichterstatter der Uno fest. Die Soldaten würden nicht nur militärische Aufgaben übernehmen, sondern würden auch für staatseigene Betriebe eingesetzt, etwa in der Landwirtschaft, auf dem Bau oder in Fabriken. Exil-Eritreer interviewt Willkürliche Verhaftungen, ohne Angabe von Gründen, sind gemäss dem HRW-Bericht die Norm in Eritrea. Die Inhaftierten würden auf unbestimmte Zeit eingesperrt, auf engstem Raum, ohne angemessene Ernährung und sanitäre Anlagen. Auch physische Bestrafung sei weit verbreitet. Präsident Isaias regiert ohne institutionelle Schranken. Seit der Unabhängigkeit 1993 haben in dem Ein-Parteien-Staat keine Wahlen stattgefunden. Nach Angaben von HRW hat Eritrea seit 2002 kein Parlament, die Justiz werde von der Regierung kontrolliert. Die Medien sind im Besitz des Staates. Die Untersuchungskommission des Uno-Menschenrechtsrats hatte für ihren Bericht im vergangenen Jahr 550 Exil-Eritreer interviewt. Die Regierung in Asmara monierte, die Uno-Vertreter hätten das Land am Horn von Afrika gar nicht selber besucht. Die Einreise war ihnen jedoch von den eritreischen Behörden verweigert worden. Regionale Malaise Tatsächlich ist es schwierig, sich aus der Ferne ein objektives Bild der Realität in Eritrea zu machen. Das Land schottet sich ab, die eritreische Führung ist äusserst misstrauisch gegenüber dem Ausland. Dass die Menschenrechtssituation schlecht ist, daran besteht kein Zweifel. Allerdings ist dies in den umliegenden Staaten am Horn von Afrika kaum anders. Im Sudan, in Äthiopien, im Südsudan und in Somalia steht es um die Achtung der Menschenrechte nicht besser. Alle fünf Staaten figurieren auf der Uno-Liste der am wenigsten entwickelten Länder der Welt.
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