Partizipation ist eine Qualitätsdimension der Kulturellen Bildung (vgl. Bamford 2008 und Domkowsky 2009, S. 13). Mit der Forderung nach Partizipation ist immer die Aufforderung verbunden, Macht zu teilen. Dies geschieht teilweise, geringfügig, weitgehend, scheinbar oder transparent, bewusst oder eben ohne ein Bewusstsein dafür. Unterschiedliche Kultur- bzw. Kunstverständnisse und Bildungsintentionen implizieren immer auch unterschiedliche Auffassungen von Macht(ausübung, -teilung usw.). In jedes pädagogische Verhältnis, also auch das der ästhetischen Bildungsprozesse, ist „ein Machtverhältnis eingeschrieben, mit dem in verschiedenen Praxisfeldern sehr unterschiedlich umgegangen wird” (Dietrich/ Wischmann 2015, S. 1). Das jeweilige Machtverständnis wird in der Kulturellen Bildung meist unbewusst reproduziert. Da kulturelle Bildungsprozesse häufig mit Freude, Kreativität und positiven Entwicklungen assoziiert werden, wird meines Erachtens selten die Frage gestellt, inwiefern hier welche Machtverhältnisse wirksam sind. Auch in der Praxis erlebe ich immer wieder, dass Machtstrukturen in diesem Feld wenig reflektiert werden. Im Anschluss an die Tagung des Netzwerks Forschung Kulturelle Bildung zum Thema „KULTUR MACHT BILDUNG“ und an die Wolfenbütteler Labortagung „ANSTECKEN! – Das Künstlerische in der Kulturellen Bildung", in der ich das von Melanie Hinz geleitete „Wissens-Archiv zum Begriff Partizipation“ begleiten durfte (vgl. Domkowsky 2015), interessierte ich mich dafür, in einer 45-minütigen Session, Machtverhältnisse in Gestaltungsprozessen auszuprobieren und zu reflektieren. Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich (in æsth_ploration – Der Ästhetischen Forschungswerkstatt) damit, im ästhetischen Modus zu forschen, da ich überzeugt davon bin, dass wir über bestimmte Phänomene, gerade solche in der Kulturellen Bildung, mehr über andere, nicht vorrangig kognitive Wege erfahren können. Die von mir angebotene Session war damit eine Art Labor, in dem gemeinsam Erfahrungen gemacht werden sollten. Diese sollten in Hinblick auf die Fragestellung analysiert werden. Der für das von mir gewählte experimentelle Format enge zeitliche Rahmen von 45 Minuten forderte ein strenges Zeitmanagement, auf das ich als Sessionleiterin achten musste (Einführung, Bearbeitung von Aufgaben, Rückmeldungen / Austausch in den Gruppen über eigene Wahrnehmungen und Transfer zum Thema „(Re-)Produktion von Machtverhältnissen/ Reflexion, Berichte/ Vorstellung im Forum). Selbstverständlich stand den Teilnehmer_innen frei, ihren Austausch und ihre Reflexion bei Bedarf im Anschluss zu vertiefen. Das Barcamp sah im Anschluss einen weiteren Timeslot von 45 Minuten vor, der dies ermöglichte. Die Session wurde von mir mit der Bitte an alle eingeleitet, sich aktiv zu beteiligen. Zuschauer_innen sollte es nicht geben. Wer sich nicht aktiv einbringen wollte oder konnte, wurde gebeten, den Raum zu verlassen, um zu vermeiden, dass es eine Mehrheit an Menschen im Raum gibt, die „einfach mal gucken wollen", was da so geschieht. Mehr als 40 Teilnehmer_innen blieben. Auf Grund des begrenzten Zeitrahmens war eine Erwartungsabfrage nicht möglich, so dass ich nur vermuten kann, dass die Anwesenden mit unterschiedlichsten Vorstellungen und Wünschen in die Session kamen. Die Teilnehmer_innen wurden nach der Begrüßung sogleich gebeten, sich in vier Gruppen aufzuteilen. Jede Gruppe wurde von einem aus den eigenen Reihen bestimmten „reflecting team“ (bekannt aus Intervisionsprozessen beispielsweise) beobachtet, das eine Außensicht auf die sich vollziehenden Prozesse und die Reflexion auf der Metaebene gewährleisten sollte. Sodann erhielt jede Gruppe von mir eine Aufgabe und als Material einen Flipchartbogen sowie eine begrenzte Anzahl an Stiften. Außerdem wies ich noch einmal darauf hin, dass die gesamte Session als Vorschlag und Experiment zu sehen sei, bei dem es um das Ausprobieren und Erfahren von Prozessen ging, in denen unterschiedliche Machtkonstellationen eine Rolle spielen. Die Reflexion war neben Anregungen zur Selbstreflexion und zum Austausch in der Gruppe durch die „reflecting teams“ und den abschließenden Austausch im Forum gewährleistet. Die Aufgaben als Vorschläge zu verstehen, bedeutete auch, sich als Gruppe dafür zu entscheiden, etwas anderes zu machen. (Regeln sind dafür da, gebrochen zu werden.)
1/2 |
Session: (Re)Produktion von Machtverhältnissen |
||
Am Samstag, den 14. November, fanden die Barcamp-Sessions statt. Insgesamt 25 Sessions zu den unterschiedlichsten Themen wurden angeboten. Zu einem Barcamp gehört normalerweise auch eine Auswertungsrunde mit allen Teilnehmenden. Aufgrund des straffen Zeitplans war dies leider während der Tagung nicht möglich. Dafür könnt Ihr aber hier nachlesen, was einige Sessiongeber_innen zu berichten haben.
|