Mit kernigen Worten hat sich Joseph Blatter selbst wieder ins Gespräch als Fifa-Präsident gebracht. Von einem Rücktritt sei nie die Rede gewesen. Es stellt sich die Frage, ob Blatter das ernst meint - oder die Öffentlichkeit nur zu einem letzten wilden Ritt herausfordert. Am Ende geht es mal wieder vor allem um eines: Es geht um Macht. Joseph Blatter ist ein Machtmensch, spätestens seit seinem Eintritt in die Fifa ist dieses Streben nach Kontrolle, nach Herrschaft und Einflussnahme auch im Detail protokolliert. Blatter hat sich in 40 Jahren im Weltverband von einem kleinen Direktorenposten bis hinauf in den Olymp gearbeitet. Seit 17 Jahren steht er dem wichtigsten Einzelsportverband der Welt als Präsident vor, er ist der Strippenzieher und Sonnenkönig des Fußballs, sich selbst hat Blatter auch schon mal auf eine Stufe mit dem lieben Herrgott gestellt. Gerüchte über Rücktritt vom Rücktritt Als er beim Fifa-Kongress Anfang Juni vor die Presse trat und in salbungsvollen Worten seine Situation und die seiner Fifa erläuterte und am Ende für alle Zuhörer verständlich sein Abdanken zum Jahresende ankündigte, hätten erfahrene Berichterstatter schon hellhörig werden müssen. "Wir müssen große Reformen einleiten. Ich stelle mein Mandat zur Verfügung, ich habe hart für Veränderungen und Reformen gekämpft. Aber ich kann das nicht alleine machen", sagte Blatter da und erkaufte sich einen monatelangen Handlungsspielraum mit der Aussage: "Was mir mehr als alles andere bedeutet, ist, dass, wenn alles vorbei ist, der Fußball der Gewinner ist. Wir brauchen jetzt Zeit, den bestmöglichen Kandidaten für dieses Amt zu finden." Jetzt, knapp vier Wochen später, hören sich Blatters Worte schon wieder ganz anders an. Er habe jetzt Zeit gehabt, sich über seine berufliche Zukunft Gedanken zu machen, sagte er, der im kommenden Frühjahr 80 Jahre alt wird, unlängst. Bereits vor wenigen Tagen machten Gerüchte um einen "Rücktritt vom Rücktritt" die Runde. Er könne sich durchaus vorstellen, doch noch weiterzumachen. Neue Nahrung erhielten jene Aussagen nun am Freitag. In einem Interview mit seinem Leib- und Magenblatt "Blick" rückte Blatter einige Missverständnisse zurecht. Unter anderem die Annahme, er habe am 2. Juni explizit seinen Rücktritt angekündigt. "Ich bin nicht zurückgetreten, sondern stelle mein Mandat an einem außerordentlichen Kongress zur Verfügung", sagte er der Schweizer Boulevardzeitung. Blatter zieht weiterhin an den Strippen Die Zeitung berichtet von einem aufgeräumt wirkenden Blatter, der sich im Rahmen eines Termins zum Bau des Fifa-Museums in Zürich präsentiert hatte - und sich so gar nichts anmerken ließ von der Welle zahlreicher Verhaftungen im Zuge der FBI-Ermittlungen gegen die Fifa und ihre Mitarbeiter und natürlich den immer noch schwereren Korruptionsvorwürfen. "Ich bin weder reif für das Museum noch fürs Wachsfigurenkabinett!", sagte er und fügte vielsagend an, nur wer die Vergangenheit kenne, könne die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Mit anderen Worten: Der geeignete Nachfolger von Sepp Blatter als Präsident der Fifa ist: Sepp Blatter. Ob es nun die gefühlt eintausendste Spitzfindigkeit des Wallisers ist oder eine formell korrekte Anmerkung - immerhin hat Blatter den Begriff "Rücktritt" nie in den Mund genommen - es bleibt die ewig selbe Leier. Sepp Blatter erklärt seinem Kritiker mal wieder, dass nur er bestimmt, wie es weitergeht. Und sonst niemand.
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23.06.2015 |
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