Im Zug mit Amy
Da liest mir mein Herrchen einen Zeitungsartikel über die Landseer-Hündin Amy vor, die mit ihrem Herrchen mit der Bahn fahren wollte. Nun bin ich Amy bereits einmal auf unseren Treffen vom Hundeverein begegnet. Eine ganz liebe Landseer-Hündin, die natürlich genauso nach Hund riecht, wie ich. Als Amy nun mit der Bahn mitfahren sollte, hat ihr Herrchen selbstverständlich darauf geachtet, dass Sie nicht vor der Fahrt baden geht oder sich irgendwo im Matsch herumwälzt. Trotzdem hat sich im Zug auf der Fahrt von Hannover nach Burgdorf ein Mensch über Amy beschwert. Nicht bei Amys Herrchen, nein sondern gleich beim Zugbegleiter. Hätte er Amy's Herrchen freundlich angesprochen, hätte dieser sicher das Abteil gewechselt. So aber ist das passiert, was Ihr in dem Zeitungsartikel unten lesen könnt. Damit nicht genug, gab es zu dem Artikel Kommentare, bei denen ich das Atmen vergessen habe. Da lese ich etwas von Zumutung oder Worten, wie speiübel, Viecher und stinkend. Als mir mein Herrchen den ersten Kommentar vorlas, erging es mir, wie dem Verfasser dieser unwürdigen Zeilen. Mir wurde schlecht. Mein Herrchen sagt, Menschen ohne Charakter und menschlicher Ausdrucksweise sind eine Schande für unsere Gesellschaft. Es sind genau die Menschen, die im Ernstfall den Mund halten und hinterher so richtig loslegen ohne die Fakten zu kennen. Mal sehen, was dieser sogenannte Mensch wohl sagt, wenn ich ausgerechnet ihn aus dem Wasser retten oder im Zug beschützen muss. Es geht nicht darum, dass jemand in einem Zug nichts zu suchen hat, wenn er sich absichtlich falsch verhält. Das ist unabhängig davon, ob es sich dabei um Mensch oder Hund handelt. Für mich ist es z.B. selbstverständlich, das ich bei einem Restaurantbesuch zum Frühstück nicht vorher im Wasser schwimmen darf. Da achten Frauchen und Herrchen sehr darauf, dass ich sauber und trocken im Restaurant ankomme. Wenn es ganz stark regnet, werde ich sogar vorher noch abgetrocknet. Ich bin nun selbst schon öfter mit dem Zug gefahren und die Menschen haben sich auch über den Geruch beschwert. Nur war das bisher nicht auf mich bezogen. Als wir im letzten kalten Winter mit der tollen Dampflok Molli von Kühlungsborn nach Bad Doberan fuhren, roch nämlich die alte Heizung stark und gelegentlich wehte der Rauch des Molli herein. Da habe sogar ich meine Nase gerümpft. Es war trotzdem eine klasse Zugfahrt für mich und die Fahrgäste! Dann bin ich schon einmal mit ganz komischen Leuten nach Bremen gefahren. Die waren recht laut, rochen sehr seltsam und ab und zu machten sie seltsame Geräusche. Mein Frauchen und Herrchen haben sich zu einem älteren Ehepaar ins Abteil gesetzt. Klar haben sie gefragt, ob sie sich dazu setzen dürfen. "Der ist doch lieb?" kam die Frage. "Sonst dürfte er nicht mit uns mitfahren", kam die freundliche Antwort meines Herrchen. Wir saßen kaum, da kamen besagte Menschen ins Abteil. Ich spürte förmlich, wie die Fahrgäste nervös wurden. Uns gegenüber saß eine junge Familie mit einem Kind. Das Kind hatte, nachdem die Eltern gefragt hatten, ob das in Ordnung ist, angefangen mich zu streicheln. "Mama, der stinkt." |
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Tja und wieder war nicht ich gemeint, sondern der Typ in grün-weißer Kleidung, der im Abteil stand und eine riechende Flasche in der Hand hielt. Dann kamen plötzlich zwei Menschen mit Mützen durchs Abteil gelaufen. Da war es ganz ruhig und erst, als sie wieder weg waren, wurde es schnell wieder laut. Herrchen sagte etwas von Polizeistreife, die aber einfach nur durchgelaufen kam. Aus meiner Sicht war auch alles in Ordnung. Der riechende Mensch im Gang sah mich an und ging dann ein paar Schritte zurück. Ich spürte, wie sich die Atmosphäre langsam entspannte und irgendwann fragte der ältere Herr mir gegenüber "gegen wen spielt Bremen denn heute?". "Gegen den HSV", kam die Antwort von einem anderen Menschen mit grünweißem Schal. Irgendwie merkte ich, wie sich die gespannte Situation auflöste und ein Mann, auch mit so einem bunten Schal, sprach mein Herrchen an und streichelte mich vorsichtig. Als wir in Bremen ausstiegen sah ich in lauter dankbare und zufriedene Augen.... Also meine lieben Menschen, ihr habt uns doch zu dem gemacht, was wir inzwischen sind: nicht nur mehr Begleiter und Freund des Menschen, sondern immer mehr ein Helfer in vielen Situationen. Schon lange gibt es Hunde, die als Wachhunde Haus, Hof und Firma bewachen oder erblindeten Menschen durchs Leben helfen. Inzwischen sind wir aber auch Therapiehunde und Gesundheitspolizei, Rettungshund und Feuermelder. Wir können Insulinschocks vorhersehen, helfen bei Apathie und nach traumatischen Erlebnissen und können sogar als Haushaltshilfe eingesetzt werden. Wir retten Menschen aus dem Wasser oder finden Verschüttete bei einem Erdbeben. Mein Selbstvertrauen als Neufundländer stieg gewaltig, als ich meine Hundefreunde in Cholet in Frankreich besuchte. Zunächst wussten meine Menschen nicht, warum die Menschen in Cholet soooo freundlich zu mir sind. Doch dann kam die Erklärung: Hier haben Neufundländer die Badeaufsicht an den Seen! Wäre Amy ein Blindenhund und Ihr Herrchen hätte Stock und Binde dabei gehabt, hätte sich im Zug wohl kein Mensch beschwert. Genauso wenig, wie bei einem Baby, dass sich gerade die Windeln beim Zugfahren vollgemacht hat. Vielleicht sollte man das Rauchen in den Zügen wieder erlauben, dann werden wir Hunde wenigstens nicht beachtet. Sicher, das Rauchen wurde inzwischen verboten, nur ist das gesundheitsschädlich und kann vermieden werden. Kein Mensch muß uns mögen und wenn jemand eine Hundeallergie hat gehen wir ihm oder ihr gerne aus dem Wege. Wir Hunde möchten einfach auch mit Respekt behandelt werden und da wir unseren Kot nicht selber entfernen können erwarten wir, dass dies unsere Menschen tun. Denn auch das hat etwas mit Respekt gegenüber uns und Mitmenschen zu tun! |
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Online-ZeitungBarney's Neufi News - Erstausgabe |
So verhalten sich sozialisierte Hunde |
18.02.2012 |
Jetzt belle Ich
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