Manama - Wenn ein Rennfahrer nicht mehr Rennen fahren darf, dann stimmt
etwas nicht. Vor dem Formel-1-Grand-Prix von Bahrain aber ist genau das das
Thema unter den Piloten: Die Fahrer trauen sich nicht mehr, einen Konkurrenten
zu attackieren, aus Angst, das kurz darauf teuer bezahlen zu müssen. Weltmeister
Sebastian Vettel erklärt die Problematik: „Alles dreht sich darum, die Reifen so gut
wie möglich über die Distanz zu bringen.“ Inzwischen mache er für Schnellere sogar
freiwillig Platz. „Weil du deine Reifen noch mehr ruinierst, wenn du dagegen
hältst“, sagt Vettel, „andererseits ist ein Überholmanöver kein Überholmanöver,
wenn ich fünf Sekunden schneller bin als mein Vordermann.
“Die neuen Reifen halten die Formel-1-Welt in Atem. Es gibt Experten wie Christian
Danner, die halten die Diskussion darüber für übertrieben. Es sei doch immer so gewesen,
dass man auf die Reifen habe achten müssen, sagt der Fernsehexperte, mit der Debatte
wollten doch nur die, die mehr Probleme als andere hätten, Politik machen. Und zu jenen
mit den größeren Problemen gehören sicherlich Red Bull und Mercedes. „Beide Autos,
speziell der Red Bull, produzieren mehr Abtrieb als die anderen und tun sich deshalb
schwerer“, gibt der Chef des Reifenherstellers Pirelli, Paul Hembery, zu. Was man dabei
wissen sollte: Mehr Abtrieb war bisher der heilige Gral jedes Formel-1-Konstrukteurs. Das
bedeutet, dass die Autos durch den Luftstrom auf die Straße gepresst werden, um schneller
durch die Kurven zu fahren. „Wir sollten nicht durch den Reifen dafür bestraft werden,
einen besseren Job gemacht zu haben“, fordert Red-Bull-Chef Christian Horner. Er gehört
zu denjenigen, die eine Reifendiskussion vorantreiben. Und von Pirelli, dem
Reifenlieferanten der Formel 1, Änderungen verlangt.
Die erste gab es für Bahrain. Statt der ursprünglich vorgesehenen Reifenmischungen Hart
und Weich wird nun mit Hart und Mittelweich gefahren. Die weiche Mischung hatte zuletzt
in Schanghai kaum länger als vier oder fünf Runden gehalten.
Nico Hülkenberg hat sich mit der Situation abgefunden: „Jetzt haben wir es eben mit einer
anderen Form von Herausforderung zu tun.“ Doch selbst China-Sieger Fernando Alonso
gibt zu Protokoll: „Das Problem ist das Überholen.“ Jenson Button, neben seinem
McLaren-Teamkollegen Sergio Perez der einzige Fahrer, der in China versuchte, mit einer
Zwei-Stopp-Strategie durchzukommen, musste mehrmals nachfragen, ob er denn angreifen
dürfe. Nein, hieß es zunächst aus seiner Box, nach dem Rennen aber sagte sein Team, er
hätte ruhig zwei Sekunden pro Runde schneller fahren können.
Adrian Sutil kennt das Problem vom Rennen in Australien, als er relativ spät auf weiche
Reifen wechselte, damit versuchte zu attackieren – und gewaltig Boden verlor. Er hat
andere angegriffen und dadurch seine Reifen zu stark abgenutzt. Dabei war das schnelle
Fahren eigentlich einmal der Sinn des Rennsports. „Viele Leute sagen, dass die Rennen
gerade durch die Reifensituation spannend sind, weil verschiedene Strategien gefahren
werden“, sagt Sutil. „Aber wenn man sich das ein bisschen genauer anschaut, ist das doch
eine rein künstlich erzeugte Spannung.“ Wirkliche Überholmanöver, Rad-an-Rad-Kämpfe,
das bestätigt auch er, gäbe es nicht mehr.
Nach dem Bahrain-Rennen will Pirelli bekannt geben, ob und welche Veränderungen es ab
Barcelona geben soll. Klar scheint, dass man an der harten Mischung etwas ändern wird, so
dass sie nicht mehr ganz so temperaturempfindlich ist und dadurch berechenbarer wird.
Vielleicht wird sogar wieder gekämpft werden auf der Rennbahn.
|