Die diesjährigen Ernst-Jandl-Lyriktage, welche von 14. – 16. Juni 2013 im steirischen Neuberg an der Mürz über die Bühne gingen, waren Treffpunkt gegenwärtiger, außergewöhnlicher Literatinnen und Literaten der deutschen Lyrik sowie Begegnungsort hoher literarischer Kunstwerke erfahrener wie auch sogenannter „Newcomer“-Autorinnen und Autoren mit neu geschaffenen Jandl-Kunsttexten von Schülerinnen und Schülern, welche das Produkt intensiver Auseinandersetzung mit Lyrik im Unterricht und dessen Vertreter Ernst Jandl waren. Doch nicht nur die Avantgarde der deutschen Lyrik, wie Franz Josef Czernin oder Friederike Mayröcker, und die Mitwirkenden der Ernst-Jandl-Dozentur für Poetik sowie die zahlreich erschienenen Studierenden der germanistischen Fakultät der Universität Wien schaffen es in diesen Tagen nach Neuberg an der Mürz, auch die Kulturministerin, Dr. Claudia Schmied, scheint an diesem lyrischen Ereignis Gefallen zu finden und so eröffnet sie nicht nur die Lyriktage und nimmt an den Vorlesungen teil, sondern schließt diese auch im Zuge der Überreichung des Ernst-Jandl-Preises für Lyrik 2013, der dieses Jahr an Elke Erb, einer deutschen Lyrikerin geht.
Es ist der Kulturministerin ein „Herzenswunsch“ in dieser „wunderbaren Halle“, der es allerdings an Sitzplätzen mangelt und wo Komfort nicht an erster Stelle zu stehen scheint, den Ernst-Jandl-Preis für außergewöhnliche lyrische Kunstwerke zu überreichen. Sie würdigt die Arbeiten der Preisträgerin Elke Erb und die besonderen Verdienste der langjährigen Lyrikerin Friederike Mayröcker im Hinblick auf die Hochhaltung der Lyrik und die Mitgründung des Ernst-Jandl-Preises. „Ohne Mayröcker gäbe es die Ernst-Jandl-Lyriktage gar nicht!“, so erkennt Schmied. Es ist ihr „ganz besonders wichtig“ eine „verlässliche Partnerin für Künstlerinnen und Künstler“ zu sein. In Zeiten der Not, so sei es die Aufgabe einer jeden Partnerschaft, soll es natürlich an gegenseitiger Unterstützung nicht mangeln, denke man sich. In wenigen Monaten wird das Versprechen der Partnerschaft wohl auf die Probe gestellt werden, dennoch spricht man hier in Neuberg an der Mürz laut, heiter und unbeschwert, ja schon fast lyrisch, Unterstützung von ganz oben zu. Es folgen noch einige Huldigungen. So manche lassen erahnen, welche der Wörter die Wortspiele der Ministerin bestimmen. Ganz ist wohl so ein Wort, kombiniert mit besonders, wichtig oder groß. „Heute schon geJANDLt?“, so lautet das Motto der Veranstaltung. Was der Kulturministerin an dieser Veranstaltung „ein ganz besonderes Anliegen“ ist, ist die Begegnung mit Lyrik im schulischen Kontext. Umso mehr ist es ihr eine „große Freude“, dass sie eine Vielzahl von Lehramtsstudierenden, die zukünftigen Vermittlerinnen und Vermittler von Lyrik sozusagen, hier in Neuberg an der Mürz antreffen darf. Es ist schon seltsam, wie nah man sich plötzlich an diesen Tagen in Neuberg an der Mürz kommt. Birgt diese idyllische Atmosphäre eine versteckte Möglichkeit, die die städtische nie erlauben würde? Vorsichtig beginnen sich Studierende der Ministerin anzunähern und Gespräche zu beginnen, Themen aufzugreifen, welche vom Lyrischen der Ernst-Jandl-Tage durchaus abweichen. Lange dauern sie nicht, die Gespräche. Und die Ministerin ist plötzlich nicht mehr so nah, wie sie es zuvor war oder zumindest zuvor vorgab zu sein. Mit der Ministerin ist es wie mit der Lyrik. Bei scheinbar anfänglicher Nähe plötzlich unnahbar. Was bleibt sind Fragen, die ohne Beantwortung leer im Raum stehen bleiben und Gedanken, welche sich in den Köpfen der Studierenden teilweise nicht finden lassen, weil der Bezug zu jeglicher Sinndeutung fehlt. So stellt sich auch bald die Frage, inwieweit diese Veranstaltung tatsächlich die breite Masse ergreifen soll, denn dies ist mitunter einer der wichtigsten Anliegen und Erwartungen, die die Ministerin an diese Veranstaltung stellt. Die Erwartungen der einzelnen Teilhabenden dieser Lyriktage gestalten sich als äußerst konträr. Auch die Ziele, seien es die der einzelnen Lyrikerinnen und Lyriker, die der Professorinnen und Professoren oder Studierenden der Universität Wien, die des Bürgermeisters von Neuberg, die der Eltern und Schülerinnen und Schüler, welche am Ernst-Jandl-Wettbewerb mitgemacht hatten oder die der Kulturministerin Claudia Schmied selbst, könnten unterschiedlicher nicht sein. Mit einem Konzept, welches nicht für die breite Masse geschaffen wurde, trotzdem zu versuchen, weitgreifend zu wirken, übertrifft nicht nur die Waghalsigkeit mancher österreichischer Ministerinnen und Minister, sondern auch die künstlerische, kunstvoll erschaffene Sinnlosigkeit so mancher hoch angepriesener Lyrik jener Tage. Doch sei angemerkt, dass gerade Sinnlosigkeit oft zu Sinnlichkeit übergeht, zudem – und so spricht Ernst Jandl – das sinnliche lyrische Ich durch Sinnlichkeit erst zu sich selbst finden kann. In diesem Sinne und zu Ehren des genialen Ernst Jandls ist es also durchaus legitim, an solchen außergewöhnlichen Tagen, der Sinnlosigkeit einen Sinn zu geben und sich mit „ganzem“ Herzen, so ist es schließlich der „Herzenswunsch“ unserer Kulturministerin, der Lyrik und deren Autorinnen und Autoren zu widmen. |
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