Neues und Wissenswertes aus Hochstädten |
GEO-NATURPARK Bergstraße-Odenwald
sagt finanzielle Unterstützung zu
Konkrete Pläne zum Erhalt des Stolleneingangs
Die alte Lebenserfahrung aus dem 6. Kapitel des Markus-Evangeliums „Ein Prophet gilt nirgends weniger als im eigenen Vaterland ..." trifft im übertragenen Sinne auch auf die Region Bergstraße-Odenwald zu: Zwar wird sie vom GEO-NATURPARK Bergstraße-Odenwald in hervorragender Weise repräsentiert und dargestellt, jedoch lässt die Wahrnehmung durch die breite Öffentlichkeit noch sehr zu wünschen übrig.
Die Schönheit des Geoparks
Jeder, der die Geschäftsstelle des Geo-Parks in Lorsch unweit der Torhalle des weltberühmten Klosters Lorsch besucht, ist überrascht und angetan von der Qualität und Vielfalt der Informationen und Anregungen, die hier angeboten werden. Bild 1. Die Hinweise betreffen einen weiten Bereich von Darmstadt bis Heidelberg, von Miltenberg am Main bis zum Kühkopf/Altrhein, von Mosbach am Neckar bis nach Obernburg am Main, eine Fläche von fast 3600 km². Sie betreffen sehenswerte Städtchen wie Walldürn, Amorbach, Michelstadt, Erbach, die Bergstraßenorte mit ihren Burgen, die Flusstäler der Mümling, Gersprenz und Weschnitz, Lautertal, Ulfenbachtal und Steinachtal, die Weltkulturerben Messeler Grube, Limes, Kloster Lorsch und bald die Mathildenhöhe in Darmstadt, beste Museen überall und Vieles, Vieles mehr. Die Qualität des Angebots gibt exakt die Schönheit des Geoparks wieder.
Es ist daher angebracht, wenn die Region Bergstraße-Odenwald vor wenigen Monaten eine enorme Aufwertung erfahren hat, indem sie mit den fünf weiteren Unesco-Geoparks in Deutschland gleichgestellt wurde:
1. Muskauer Faltenbogen an der Lausitzer Neiße, der den wunderbaren Park Muskau mit beinhaltet.
2. Vulkaneifel mit den imposanten Maaren, den wassergefüllten ehemaligen Vulkankratern.
3. Teutoburger Wald als eiszeitlich geprägte Moränenlandschaft, bekannter aber als der geschichtliche Ort, wo die übermächtig erscheinenden Römer, durch den germanischen Fürsten Armin, den Cherusker, eine entscheidende Niederlage bei ihrem Vordringen an die Elbe hinnehmen mussten.
4. Die Schwäbische Alb als Teil des Südwestdeutschen Schichtstufenlandes, berühmt durch seine Karstlandschaft, seine Höhlen und seine einzigartigen Fossilienvorkommen.
5. Braunschweiger Land und Harz mit ihren Salzstöcken, Eisenerz- und Braunkohlenlagerstätten. Aber auch dieser Landstrich ist durch seine Geschichte als Gründungsland Deutschlands, beginnend mit den Ottonen, zunächst Heinrich I. und später mit dem Widersacher Barbarossas, Heinrich dem Löwen, bekannter als durch seine Geologie.
Aufwertung durch die Unesco
Bereits im Oktober hatte der Exekutivausschuss der Unesco die Aufwertung des Geoparks vorgeschlagen. Endgültig, am 18. 11. 2015, konnte der Bergsträßer Anzeiger das Bild mit den Vertretern der Geoparkregion untertiteln „Große Freude über den Aufstieg des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald in die Weltliga“.
Unter Leitung von Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, von 2003 bis 2007 Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und gemeinsam mit Reinhard Diehl, dem Geschäftsführer des Geoparks Bergstraße-Odenwald, nahm die Abordnung bei der Unesco-Generalversammlung in Paris die Urkunde entgegen. Bei dieser Versammlung wurde die neue weltweite Flächenkategorie des Unesco-Geopark-Programms geschaffen. Seit über zehn Jahren bieten die Globalen Geoparks auf hohem Niveau Einblicke in die Erdgeschichte an, und nun hat die Unesco beschlossen, das Erfolgsmodell der Globalen Geoparks in einen sog. Programmstatus zu erheben, d. h. die weltweit 120 Geopark-Regionen besitzen den gleichen Status wie die Unesco-Welterbestätten und die Unesco-Biosphärenreservate. Der Newsletter des GEO-NATURPARKS Bergstraße-Odenwald vom 25. November 2015 jubelte: "Wir sind UNESCO Global Geopark! Es ist geschafft - der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald ist am 17. November 2015 in das der UNESCO aufgenommen worden. Ein großartiger Erfolg, zu dem man herzlich gratulieren muss!
Zauberwort M A R M O R
Zurück zum Thema „Hochstädten und der Unesco-Geopark“: Kann dieser Zusammenhang nach dem soeben Gesagten überhaupt hergestellt werden? In der Tat, es geht und ist sogar selbstverständlich! Man braucht nämlich nur das Zauberwort zu kennen, und das lautet: M A R M O R! Es waren, wie weithin so auch in Hochstädten, die Römer, deren Kundschafter das Land erforscht hatten. Vermutlich bereits gegen Ende des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. Ihrem kundigem Blick war der Marmor sofort aufgefallen, war er doch aus ihrer Heimat Italien als wertvollstes Baumaterial überhaupt bestens bekannt. Selbst das kleine Vorkommen vom Hausberg Bensheims, dem Kirchberg, bis zur Bangertshöhe in Hochstädten war ihnen nicht entgangen. Von der Römerzeit an, durch das Mittelalter bis in die Neuzeit wurde Kalkstein gebrochen und zum wichtigen Baustoff Kalk gebrannt. Die deutlichsten historischen Spuren finden sich in der Flur Roßbach oberhalb des Steinwegs und auf der Bangertshöhe. Einige Bilder sollen die Produkte aus dem hier gewonnenen Auerbacher Marmor, so der Fachbegriff, zeigen.
Der Grabstein eines Mädchens um 200 n. Chr., Landesmuseum Mainz, Bild 2, und das Modell eines der vier Kapitelle aus dem Quadratbau des Trierer Doms aus der Zeit um 350 n. Chr. Bild 3. Die Kapitelle sind unten rund mit einem Durchmesser von 1,24 m, oben quadratisch mit einer Breite von 1,90 m und sind insgesamt 1,54 m hoch. Der weiße Marmor zeigt die für unseren Marmor typischen eisenhaltigen Adern und Einschlüsse. Es ist für die späteren Zeiten, Hochmittelalter bis in das 20. Jahrhundert, nachgewiesen, dass hier sowohl Kalk gebrannt wurde, als auch Marmor abgebaut wurde. Siehe zu Letzterem das Epitaph an der linken Chorwand der Bergkirche Auerbach. Ein großer, aber auch letzter Aufschwung erfolgte im 19. und 20. Jahrhundert, exakt von 1865 bis 1974, durch die Familien Hoffmann und Linck, Besonders die Entwicklung des Marmorit-Edelputzes setzte noch einmal Zeichen. Der hochwertige Edelputz war auch für Kratzputzarbeiten bestens geeignet. Der von Dr. Karl Linck engagierte Frankfurter Künstler Reinhold Schön, 1893 - 1975, schuf das Kratzputzbild für den Kantinenraum der Belegschaft, Bild 4, den sogenannten Barbara Saal Kratzputz und zum 100-jährigen Jubiläum des modernen Bergbaues die großartige Fassade des alten Bürogebäudes in souveräner Anlehnung an die Torhalle des Klosters Lorsch. Bild 5.
Marmor als Teil der Kunst und Kultur des Abendlandes
Leider war es nicht gelungen, den Bau, dessen Edelputzfassade bis zuletzt strahlte wie am ersten Tag, unter Denkmalschutz zu stellen. Im Jahre 2009 erfolgte der höchst bedauerliche Abbruch. Die Bedeutung des Marmorvorkommens vom Kirchberg bis zur Bangertshöhe kommt vielleicht am besten in einem Wort zum Ausdruck, das sich im Museum der Stadt Bozen in Südtirol findet: „Mit Marmor ist die Kunst und Kultur des Abendlandes mit der Antike verbunden“
Mit dem nunmehr entstehenden Hochstädter Haus, dem Stolleneingang gegenüber, sowie dem zum Staatspark Fürstenlager gehörenden und von Linden umstandenen Gesundbrunnen einschließlich der alten Brücke über den Mühlbach findet man hier einen wunderschönen und von großer Historie geprägten Platz vor. Seit 1900 Jahren! Der Gesundbrunnen und die Brücke wurden zu gleicher Zeit unter dem Landgrafen Ludwig IX., 1719 - 1790 neu gestaltet bzw. errichtet. Siehe die Karten von Schüler und Roder, 1787, mit dem "Hochstätter Gesundbrunnen" und C. L. Boethicher, 1788, mit dem „Hochstädter mineralische Brunnen“.
Die historische Bedeutung des Platzes beim Gesundbrunnen oder beim Marmoritwerk, so sagt man hier, herauszustellen, ohne der Zwangsarbeiter, zumeist Griechen, zu gedenken, die hier unter unwürdigen Bedingungen seit dem Herbst 1944 schuften mussten, ist schlichtweg unmöglich. Ein Vorschlag: Am Stolleneingang sollte eine Gedenktafel mit einem würdigenden Text angebracht werden. Die Tafel könnte natürlich auch auf die Untertagestruktur des Bergbaus einschließlich Karlschacht hinweisen. Bild 6.
Die Bilder zeigen zunächst die derzeitige Situation der wertvollen Holztür, wo möglichst bald das nasse Erdreich entfernt werden muss und ihre Planung durch den Architekten Heinz Kessler im Jahre 1953. Bild 7. Der Geschäftsführer des GEO-NATURPARKS Bergstraße-Odenwald, Reinhard Diehl, hat der Stadt Bensheim zugesagt, 50% der Kosten für ein Gittertor zu übernehmen, so dass die ersten bis zu 100 Meter des Stollens betrachtet werden können. Bis dahin alles zusammen genommen: Der beschriebene Platz harrt seiner glanzvollen Gestaltung!
Verwendete Quellen: Informationsmaterial des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald, Denkmaltopographie Bergstraße I, Staatspark Fürstenlager - Parkpflegewerk, Bergsträßer Anzeiger vom 18. 11. 2015, Katalog der Ausstellung Konstantin der Große aus dem Jahre 2007. 700 Jahre Hochstädten - Spuren der Geschichte
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