BANDENCHECK |
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Online-ZeitungAusgabe 2 |
04.03.2014 |
Jeder kennt sie, diese elendigen Besserwisser, die schon damals im Linde dabei waren und keine Gelegenheit auslassen, darauf hinzuweisen, dass damals sowieso alles viel besser war als in der heutigen herzlosen Zeit. Gut, ich gebe zu, auch ich gehöre zu diesen ewig Gestrigen, die gerne Sätze mit „Damals im Linde…“ beginnen. In unserer Rubrik „Die ewig Gestrigen“ geht es um solche „Damals im Linde…“ und „Kennst du noch den…“ Geschichten. Es gibt wohl kaum einen besseren Einstieg in diese Rubrik als den Moment, in dem man sich mit dem Hockeyvirus infiziert hat. Vorgeschichte: Wir schreiben das Jahr 1998. Auf dem damaligen Radiosender meines Vertrauens (ein Sender, für den ich mich heute schäme) gab es einen Running Gag in der Morning Show, nämlich die scheinbar tägliche Feststellung, dass die Ice Tigers schon wieder verloren hätten. Das mussten ganz schöne Versager sein und überhaupt, beim Eishockey ging es ja sowieso nur darum sich gegenseitig blutrünstig zu verprügeln. Wer schaut sich denn bitte so einen Bockmist an? Bereits als Kleinkind hatte ich bei irgendwelchen Olympischen Spielen durchschaut, dass Eishockeyspieler ziemlich dumm waren. Die hauen sich aufs Maul, dann muss einer auf die Strafbank und der Gegner schießt ein Tor. Nunja, jedenfalls bemerkte ich eines Tages gegenüber meiner besten Freundin, dass diese seltsamen Verlierer namens Ice Tigers wohl ausnahmsweise mal gewonnen hatten. Diese wies mich darauf hin, dass das wohl in letzter Zeit öfter vorgekommen war und diese „Versager“ sogar Tabellenführer waren. Seltsam. Plötzlich sprachen alle über diese Prügelknaben, die anscheinend die ganze Liga aufmischten. Von Neugier getrieben musste ich mir wohl oder übel dann doch mal ein Spiel im Fernsehen anschauen. Der Gegner waren die Augsburger Panther. Der Kommentator stellte mir den Paradesturm bestehend aus Martin Jiranek, Sergio Momesso und Jason Miller vor, den „sympathischen Südtiroler“ Roland Ramoser und so einen verrückten Kerl namens John Craighead, der wohl auf der Strafbank zu Hause war. Recht unterhaltsam das Ganze. Also verfolgte ich die Geschehnisse weiter, bekam das Halbfinale aus irgendwelchen Gründen gar nicht mit und fieberte am Ende vor dem Radio im entscheidenden Finalspiel mit. Eines war klar: Das musste ich auch mal live sehen.
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Am 10.9.1999 war es dann soweit. Meine beste Freundin und ich bahnten uns in einer Horde seltsam kostümierter Menschen den Weg von der U-Bahn entlang der Außeren-Bayreuther-Straße zum altehrwürdigen Lindestadion. Das war er also, der Hockeytempel, in dem sich Nürnbergs Vizemeisterhelden bis ins Finale gekämpft hatten und gegen den Abomeister Mannheim in einem dramatischen fünften Finalspiel alle Träume aufgeben mussten. Ehrfürchtig suchten wir uns einen freien Platz im oberen Bereich der Haupttribüne. Die Aufregung stieg, der Platz wurde immer enger, keiner wollte den Saisonauftakt gegen den Finalgegner verpassen. Das Pregame-Ritual nahm seinen Lauf, voll „Begeisterung“ erkannte ich das Lied aus Carl Zellers „Vogelhändler“, das ich noch am Morgen üben „durfte“. Endlich wurden die Sternlaspeier gezündet und die Mannschaft kam aufs Eis. Gänsehautstimmung im ausverkauften Stadion. „Mit der Nummer 87 Liam…“ – „GARVEY“ – „Mit der Nummer 67 Alain…“ – „COTÉ“ Frenetischer Jubel und wildes Getrommel bei jedem einzelnen Spieler. Dann kamen die Adler aufs Eis und der pure Hass schlug ihnen von den Tribünen entgegen. Fans wedelten komisch mit den Händen und machten „Ohhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh“ gefolgt von unverständlichem rhythmischem Geschrei und Geklatsche. Gigantische Stimmung, das Linde war ein Hexenkessel. Das Spiel selber trug freilich dazu bei: In der siebten Minute eröffnete Russ Romaniuk den Torreigen, es folgten sieben weitere Treffer, von denen Romaniuk zwei weitere beitrug. Torwart Petr Franek, von Otto Sykora als „noch besser als Andrej Mezin“ vorgestellt, verhinderte auf der anderen Seite mit Glanzparaden, dass auch nur ein Puck seine Torlinie überschritt. Mir war schnell klar: DAS ist die beste Mannschaft der Welt, die werden Meister! Und: Ich komme wieder! Und das tat ich. Woche für Woche seit diesem grandiosen 8:0 Sieg über den Erzfeind – auch wenn sich ebenjener Tigerjahrgang als absolut nicht meisterlich herausstellte. Kaddie
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Nürnberg 8: 0 Mannheim 1:0 Romaniuk Zuschauer: 4200 (ausverkauft) Aufstellung Nürnberg Verteidigung: Angriff: |
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