2. Hauptteil
2.1. Der Versailler Vertrag
Der Erste Weltkrieg hatte die bis dahin geltende Ordnung und Wertevorstellung in Europa und dem Rest der Welt auf den Kopf gestellt.
Um einen ähnlichen Krieg zu verhindern wurde ein neues Regelwerk für das Zusammenleben in Europa gefordert.
Die Siegermächte England, USA, Frankreich und Italien fanden sich in Paris zusammen, um formal das Ende des Kriegszustandes mit Deutschland und seinen Verbündeten zu beenden, und um über eine neue Ordnung für Europa zu entscheiden.
Die Führerder Friedensverhandlungen entschieden sich für einen Ausschuss, der sich aus dem US-Präsident Woodrow Wilson, dem französische Ministerpräsident Georges Clemenceau, dem britische Premierminister David Lloyd George und dem italienische Minister Vittorio Emanuele Orlando zusammensetzte, einzuberufen. Dieser sollte die Verträge für die Friedensverhandlungenvorbereiten und aufsetzen. Eines der zentralen Aspekte des Vertrages war die territoriale Neuordnung Europas. Polen hatte große Erwartungen. Nach der 123 jährigen Nichtexistenz auf der politischen Landkarte versprach es sich von diesen Verhandlungen die Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit.
Die Hoffnungen sollten sich erfüllen, denn bereits am 8. Januar 1918 erklärte der US- Präsident Wodrow Wilson im Punkt 13 seiner vierzehn Grundsätze für einen allgemeinen Weltfrieden:
Ein unabhängiger polnischer Staat soll errichtet werden, der die von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnten Gebiete umfassen soll, dem ein freier und gesicherter Zugang zum Meere gewährleistet und dessen politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit sowie territoriale Integrität durch internationalen Vertrag garantiert werden soll.4
Am11. November 1918wurde schließlich die Zweite Polnische Republik gegründet. Ihre Grenze umschloss das Gebiet Westpreußen und Posen im Westen, sowie die von der Curzon –Line im Osten umschlossenen Gebiete Oberschlesien, ehm. Königreich Warschau und Westgalizien, nach 1923 noch Polesien Wolhynien, Wilna-Gebiete und Ostgalizien.
Einem Teil der Gebiete wurden auf Grund von Protesten seitens der deutschen Bevölkerung, Volksabstimmungen zugesprochen, die entscheiden sollten, welchem Staat sie angeschlossen werden sollten. So ging ein Teil Oberschlesiens an das Deutsche Reich5.
Danzig war ebenfalls ein Streitpunkt zwischen Polen und dem Deutschen Reich, beide Seiten beanspruchten die Stadt für sich. Polen argumentierte mit dem nicht unerheblichen polnischen Einfluss auf die Stadt und der Jahrhunderte langen Zugehörigkeit Danzig zu Polen6, sowie der Forderung nach einem freien Zugang zum Hafen. Die deutschen Argumente bezogen sich auf den rein deutschen Charakter Danzigs zum gegebenen Zeitpunkt. So einigten sich im April 1919 Lloyd George, der den Territorialforderungen Polens skeptisch gegenüberstand, und Wilson, der wie Clemenceau die Forderungen zum größten Teil unterstütze, Danzig, wie bereits unter Napoleon 100 Jahre zuvor, den Status eines Freistaates zu verleihen
Am 16. Juni 1919 teilten die Alliierten Hauptmächte folgendes mit:
Die Stadt Danzig soll die Verfassung einer Freien Stadt erhalten; ihre Einwohner sollen autonom sein; sie sollen nicht unter die Herrschaft Polens kommen und sollen keinen Teil des polnischen Staates bilden. Polen soll gewisse wirtschaftliche Rechte in Danzig bekommen, die Stadt selber ist von Deutschland abgetrennt worden, weil es kein anders mögliches Mittel gab, jenen freien und sicheren Zugang zum Meere zu verschaffen, welchen Deutschland zu überlassen versprochen hatte.7
Bereits in diesen Äußerungen werden Polen besondere Anrechte auf dem Gebiet der Freien Stadt Danzig eingeräumt.
Zwölf Tage nach der Erklärung, am 28. Juni 1919, trat der Versailler Vertrag in Kraft. Am 10. Januar 1920 war Danzig offiziell, ein vom Deutschen Reich unabhängiger Freistaat, stehend unter dem Schutz und der Garantie des Völkerbundes8.
Die Freie Stadt Danzig umfasste 1950 km² und 58 km² Wasserfläche. Gemäß der Volkszählung von 1924 lebten in der Stadt 383.955 Einwohner, davon gaben 3,15% Deutsch nicht als ihre Muttersprache an.
Neben der zu ca. 96% deutschen Danziger Bevölkerung, sahen auch viele Historiker diese Bestimmung als ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches als ein moralischer Grundpfeiler des Versailler Vertrages erachtet wurde9.
Die ehemals deutschen Reichsbürger wurden nach Art. 105 des Versailler Vertrages Staatsbürger der Freien Stadt Danzig. Die Übernahmen der Danziger Staatsangehörigkeit war nach § 8 Nr.7 Abs. 2 geregelt und für polnische Staatsangehörige theoretisch ungehindert zu erhalten.
Danzig | 27.01.2011 |
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